Hat Franck Ribéry den „Goldenen Ball“ gewonnen und wird am Montag in Zürich zum „Weltfußballer des Jahres“ erklärt? Eigentlich war die Frage schon beantwortet, wenn der Fußball-Weltverband FIFA nicht unheimlich getrickst hätte und die Abgabefrist für die Stimmabgabe nicht noch um 14 Tage verlängert hätte – jene 14 Tage, in denen Ronaldo die vier von vier Toren für Portugal gegen Schweden schoss und so die Südeuropäer noch zur WM katapultierte.
Zwar hat FIFA-Präsident Sepp Blatter Ronaldo kürzlich auf einer Veranstaltung für englische Studenten als Roboter lächerlich gemacht.
Aber ein Entschuldigungsschreiben zeigt, wie dringlich Blatter den Portugiesen gerne in Zürich hätte. Und die Tatsache, dass diejenigen, die schon gewählt hatten, noch einmal abstimmen durften, ist Indiz dafür, dass die ganze Wahl eine Farce ist, die auf Kosten von Ribery geht.
Bundestrainer Joachim Löw hat übrigens nicht abgestimmt. Ihm standen zu viele deutsche Bayern-Spieler zur Auswahl, und er wollte vor der WM niemandem durch Nicht-Berücksichtigung weh tun. Das zeigt zu allen Ungereimtheiten auch noch die Fragwürdigkeit der ganzen Wahl.
Seit 1956 gibt s den „Goldenen Ball“, gewählt von je einem Jounalisten aus jedem europäischen Land. Der erste deutsche Sieger war 1970 Gerd Müller. 1972 und 1976 folgte ihm Franz Beckenbauer, 1980 und 1981 Karl-Heinz Rummenigge. Der erste ausländische Bundesligaspieler, der „Fußballer Europas“ wurde, war 1977 der Däne Allan Simonsen von Borussia Mönchengladbach.
Die Wende kam 1991, die Revolution 2010. Nach der WM in Italien war die FIFA sauer, dass Journalisten und eine einzige Zeitung – nämlich der Erfinder 1956, France Football – die Trophäe vergaben. Die FIFA erfand den „Weltfußballer“, der von jedem Nationaltrainer und Kapitän gewählt wird. Kein Wunder, dass nie 100 Prozent Abstimmungsergebnis erreicht wurden. Kapitäne sind eben keine pflichtbewussten Journalisten...
Aus Kostengründen verkauften die Besitzer des „Goldenen Balles“ dann 2010 die Rechte an dieser Auszeichnung an die FIFA. Die Spieler wurden für eine Zeitungs-Gala nicht freigestellt, die Klubs forderten Privatjets, die Auflage sank. Kein Geld mehr für Spaß und Kommunikation oder Nähe.
Das führt in München zur folgenden skurrilen Situation: Der einzige deutsche Weltfußballer des Jahres ist 1991 Lothar Matthäus. Den „Goldenen Ball“, diese vergoldete Trophäe im Wert von rund 10.000 Euro, hatte Matthäus 1990 als Fußballer Europas gewonnen. Der letzte deutsche Gewinner des „Goldenen Balls“ ist allerdings der damalige Dortmunder Spieler Matthias Sammer 1996, nach dem Gewinn der Europameisterschaft.
Weltfußballer wurde damals jedoch schon Ronaldo, seinerzeit PSV Eindhoven. Schlechte Karten für Ribéry, wenn auch ein Kapitän aus Tahiti abstimmen darf, der die Bundesliga wohl nie gesehen hat...
Immerhin: „Fußballer Europas“ ist Ribéry schon. Auch ohne „Goldenen Ball“. Aber gewählt von je einem Journalisten aus einem europäischen Land. Und nicht von Nationaltrainern, die ihre Stimmabgabe verweigern.
Rainer Kalb