O.K., aus amerikanischen Ballsportarten kennen wir das seit langem. In den Pausen oder Auszeiten, die es gibt oder genommen werden dürfen, fuchteln Trainer mit Lap-Tops herum und erklären ihren ausgepumpten Spielern, wie sie sich in den nächsten Minuten zu benehmen haben.
O.K., die FIFA hinkt und hängt immer hinterher – nur bei Bestechungsgeldern ist sie ganz vorne. Von daher ist der « Test » eines Video-Schiedsrichters, nach der Einführung der der Torlinien-Technologie, nur eine Bestätigung dessen, was alle schon wussten : In der Bundesliga wird Video geschaut !
Von daher ist die Wut des derzeit jüngsten Bundesliga-Trainers Julius Nagelsmann nur verständlich. Der Hoffenheim-Trainer tobte nach dem 2:2 gegen den Hamburger SV, er habe seinen Spielern in der Halbzeit-Videoanalyse zehn Maßgaben mit auf das Feld gegeben, von denen nur sechs umgesetzt worden seien, weshalb es nur zu einem Unentschieden gereicht habe. Die Zeiten, in denen Trainer unisono erklärt haben, mit Anpfiff seiene ihre Mittel vorbei – diese Zeiten sind vorbei. Wer erinnert sich noch an « Zettel-Ewald » (Lienen), der es immer in die TV-Spielberichte schaffte, weil er sich als erster Trainer überhaupt während des Spiels Notizen machte ?
Seit gefühlt 150 Jahren schreibe ich als internationaler Fußball-Experte für die TZ. Nie, aber wirklich nie haben Trainer wie Rehhagel, Czernai, Weisweiler, Lattek, Hitzfeld verraten, was sie in der Kabine geschrien haben. Das legendärste ist und bleibt noch Beckenbauers « Geht's raus und spuilt's » vor dem WM-Finale 1990.
Aber Fehler-Analyse der ersten Halbzeit in der Pause, die doch eigentlich zum Durchschnaufen und Neu-Sammeln gedacht ist ? Hinweis auf zehn Fehler, von denen nur sechs korrigiert wurden ? All das per Video-Zusammenschnitt aus der ersten Halbzeit, vorgeführt in 15 Minuten, die der Erholung dienen sollen, nicht der erneuten Konzentration ? Und dann sind die Spieler die Dummen ? Und « Er » bleibt der Kluge ? Und stellt die Spieler nach 90 Minuten als Deppen dar ? Geht's noch ?
Nagelsmann, Nagelsmann, Du gehst einen dünnen Gang. Wenn Dein Nagel nicht den Kopf trifft, geht der Krug so lange zum Wasser, bis er bricht.
Aber das ist aktualisierter literarischer Zitatenschatz, keine sportliche Aktenhuberei aus dem DFB-Archiv. Viel Erfolg noch.
Rainer Kalb