Stehen lassen

Also : Es ist ja so, dass ein Journalist im Grunde nie über seine Arbeitsbedingungen schreibt, weil den Leser die Klagen über eben diese nicht interessieren. Der Leser will eine interessante Reportage lesen, eine brennende Information bekommen, und unter welchen Bedingungen sie zustande kommt, interessiert nicht. Das ist eine Grundregel des Journalismus. Aber nach über 30 Jahren TZ-Kolumne breche ich sie mal – so, wie Fußballer Woche für Woche die Regeln brechen und Autofahrer tagtäglich.

1986, bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Mexiko, war es das letzte Mal, dass Journalisten mit der Nationalmannschaft unter einem Dach wohnen durften. Damals konnte ein Reporter, sofern er Durchhaltevermögen hatte, noch genüsslich festhalten, um wie viel Uhr Spieler X die Hoteltür aufstieß. Und das legendäre Theater zwischen den Alphatieren Rummenigge und Schumacher sowie deren Clans aus München und Köln ließ sich noch hautnah miterleben statt nur aus zweiter oder dritter Quelle nacherzählen.

In Frankreich drängelte sich ein Radioreporter von Europe 1 für ein Exklusiv-Interview in Anzug und Krawatte unter die Dusche mit dem nackten Michel Platini. Journalisten in der Umkleidekabine, das war normal, war Standard. In Italien verhängten die Spieler, wenn sie sauer waren, seinerzeit schon eine « Silenzio Stampa », einen Presseboykott, mannschaftsweit. Da wusste jeder, woran er war.

Heute ? Werden Journalisten wie Störenfriede behandelt. « Mixed Zone » nennen DFB, DFL, FIFA und UEFA den Kontakthof zwischen Spielern und Arbeitern nach dem Spiel, in dem die Reporter hinter Absperrgitter verbannt und wie « Gefährder » bei einer Demonstration behandelt werden. Vier Kategorien : TV-Rechtehalter, TV-Nicht-Rechtehalter, Radio, Presse (inklusive online/Internet). Jeder kann sich vorstellen, wie begeistert ein Spieler ist, wenn er die gleiche Frage zum vierten Mal beantworten soll.

Jetzt, jetzt allerdings kommt eine neue Mode ins Spiel – und die regt mich auf. Da bricht ein gewesener DFB-Präsident und ein zuvor gewesener ZDF-Journalist ein Interview mit der weltweit für das Ansehen Deutschlands bedeutenden Deutschen Welle einfach ab und geht. Der Trainer Kovacs beschwert sich über Medien, nur weil die über Eskapaden seines Spielers Boateng berichten. Der Trainer Stevens bezichtigt einen Reporter, ein Papagei zu sein, nur weil der eine Kollegen-Frage wiederholt, die der Trainer nicht beantwortet hat. Und der Trainer Dieter Hecking, gewiss frustriert über seine vorzeitige Entlassung, nimmt einen unschuldigen Reporter in Sippenhaft und geht – nur weil er sich über einen zum Experten mutierten Ex-Kollegen Ewald Lienen aufgeregt hat. Wobei Hecking vergaß, dass er der Hand die Nahrung vorenthielt, die ihn füttert.

Das allergrößte : Laut Sport Informations Dienst, besser bekannt unter dem Kürzel SID, hat der einst auch in München als Sportdirektor hoch gehandelte Max Eberl wegen der frühzeitigen Bekanntgabe der Hecking-Entlassung den Spruch getan : « Ich find es schade, dass ich das gefragt werde. » Wenn's soweit gekommen ist, dass bei den Bewohnern einer Seifenblase schon Fragen bedauert werden, dann ist's gar und wahr und schad.

 

Rainer Kalb

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