Der Schalker Kreisel um Ernst Kuzorra und Fritz Szepan war vor knapp 100 Jahren über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt. Jetzt kreiselt es wieder bei Königsblau, aber gleichzeitig kriselt es gewaltig.
Die Frage, ob der Tabellenletzte am Samstag gegen Hoffenheim den « Rekord » von Tasmania Berlin aus der Saison 65/66 einstellen wird (31 Spiele ohne Sieg) hat außer für Zocker nur statistischen Wert. Viel schlimmer ist der Schuldenberg über 200 Millionen Euro und die Frage ob weitere Schulden gemacht werden sollen, um Christian Gross, dem vierten Trainer am Schalker Markt allein in dieser Saison, noch im Winter neue und bessere Spieler zur Verfügung zu stellen ?
Da geistert der Name Clemens Tönnies durch den Raum. Der Schlachtbetrieb-Betreiber hätte wohl ein paar Milliönchen, um seinem Leib- und Magenverein unter die Arme zu greifen. Andererseits : Hatte nicht Tönnies, als er im Sommer den Aufsichtsratsvorsitz abgab, seinen dauerhaften Rückzug von Schalke erklärt ? Wiederum andererseits hat derselbe Tönnies letzte Woche wissen lassen, helfen zu wollen, damit Schalke nicht untergeht. Nicht zu unterschätzen die Wut auf den einstigen Chef beim Fanvolk nachden Verwicklungen von Tönnies in Corona wegen der Arbeisbedingungen in seinen Betrieben und seinen rassistischen Äußerungen über Afrikaner. Ein Kreiselverkehr, dass einem schwindlig werden kann.
Und hatte nicht Vorstandsmitglied Alexander Jobst unmissverständlich zu Protokoll gegeben, das Zukunftskonzept von Schalke 04 sei nicht mit dem Namen Clemens Tönnies verbunden ? Wie kommt es dann, dass Sportchef Jochen Schneider Tönnies am Sonntag in einer Talkshow über den grünen Klee lobte ? Das hörte sich gewaltig nach Anbiederung und höfliches Anklopfen an eine Tür an, die nur angelehnt ist. Da kommen Erinnerungen an ein deutsches Sprichwort auf : Wessen Brot ich esse, dessen Lied ich singe.
Bleiben die Frage zu welchem Zinssatz Tönnies den Wohltäter spielen will. Und was das Land Nordrhein-Westfalen zu einer Neuverschuldung sagen wird. Immerhin hat das Land schon eine Bürgschaft über 31,5 Millionen Euro gegeben, damit Schalke billiger an Bankkredite kommt.
Hans-Joachim Watzke, Geschäftsführer vom Rivalen und Nachbarn Borussia Dortmund, hält einen möglichen Abstieg für ein Drama für die Bundesliga. Das mögen Schalke-Fans so sehen, aber objektiv betrachtet hat die Bundesliga auch den Abschied vom Hamburger SV überstanden. Dramatisch wäre ein Abstieg nur für Schalke 04, denn in Liga 2 gibt es viel weniger Fernsehgelder. Wie sollen dann die Schulden getilgt werden ?
Der Schalker Kreisel ist ein Krisenkreisel geworden, der Schädelbrummen verursacht.
Rainer Kalb