Was ist Fußball ? Wolfgang Watzke, Rheinländer, Flachländer, inzwischen pensionierter Ex-Geschäftsführer der DFB-Stiftung Egidius Braun und vorher verantwortlich im Landesverband Mittelrhein, hat eine klare Meinung : « Und wenn es in Bayern einen Hang gibt, mit Gras bewachsen und vier Kinder kicken sich einen Ball zu, ist das Fußball. »
Vergessen wir mal die 36 Profivereine unter den 25.000, die der DFB ungefähr zu verantworten hat. Die daran hängenden Mannschaften sind im Grunde expositionell vergleichbar mit dem Anschnellen des Corona Virus. Amateure ? Das ist ja nicht nur die 3. Liga, das sind auch nicht die viel zu vielen 4. Ligen. Würden hinwiederum auch die noch zentralisiert werden, wüchsen die Reisekosten für Amateure ins Unendliche.
Vergessen wir mal die 3. Liga und die Regionalligen. Für die hat der hochgeschätzte, äußerst kompetente DFB-Schatzmeister Stephan Osnabrügge gegenüber den Räubern der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft – die haben ihre Beiträge, jetzt, wo der Fußball ruht, gerade mal locker um gut 10 Prozent erhöht – seinem heiligen Zorn freien Lauf gelassen.
Ich finde ja die Unterscheidung zwischen « Profis » (zuständig Seifert's DFL) und « Vertragsspielern » (zuständig Keller's DFB), übrigens nicht zu verwechseln mit dem « Kölner Keller », für überflüssig. Gehalt ist Gehalt. Die einen gehen zum Käfer, die anderen haben eben einen Koch (Rainer).
Die wahren Amateure kicken in der Kreisliga C. Oder als Hobbyisten auf hängenden Wiesen. Selbst wenn sie von der Bezirksliga an schon Aufwandsentschädigungen in bar beziehen und den Räubern von der Verwaltungsberufsgenossenschaft (allein das Wortungeheuer muss man sich auf der Zunge zergehen lassen) entgehen – sie bleiben die wahren Amateure.
Aus meinen Anfängen als Lokalreporter vor geschätzten 45 Jahren weiß ich noch, wie es im Frühjahr um ein 50-Liter-Fass für den Gegner ging, damit der die Hufe einzog und der Aufstieg in die Kreisliga B gelang. Ich weiß noch, wie ein vom Verein gestellter « Assistent » sein Taschentuch wedelte, zwei Meter, bevor auch nur ein Abseitsverdacht aufkommen konnte. Und ich weiß noch, wie sie in Putzbrunn (wo ich lebte) oder Doveren (Kreis Heinsberg, wo ich herstamme) minutenlang die in die Prärie gebolzten Bälle gesucht haben, bevor es weitergehehn konnte. (Manchmal wissentlich, um Luft schnappen zu können). Ich weiß noch, was eine « dritte Halbzeit » ist.
Das alles ist es, was derzeit verloren geht. Es geht nicht um Millionen. Es geht um den sozialen Zusammenhalt. Es geht darum, was unsere Gesellschaft im Innersten zusammenhält. Ein Ball, der rollt. Teamwork. Ein Gegner, heute Corona. Ein Ziel. Das Tor. So simpel kann das Leben sein. Wenn es immer auf 110 x 70 Meter bekreidet wäre. Aber auch die Kreide und der Bekreider müssen besorgt werden. Das Virus fliegt weiter als der Ball. Und ist schwieriger zu finden.
Rainer Kalb