Geradezu trotzig sagt Wolfgang Holzhäuser sinngemäß, dann würden sie eben etwas fürs Soziale machen – so wie einst der FC Barcelona auf den Trikots für UNICEF geworben hat, ehe Katar kam.
Zwischen der monatelang andauernden Hysterie um Bayern München und Borussia Dortmund und ihren Transfers ist völlig untergegangen, dass mit Bayer Leverkusen ein dritter deutscher Verein für die kommende Champions League qualifiziert ist. Und trotz eines Aushängeschildes wie „Tante Käthe“ – so wurde Rudi Völler in seiner aktiven Zeit von seinen Nationalmannschaftskollegen wegen seines Lockenkopfes gerufen – ist Bayer Leverkusen der einzige Verein der Bundesliga, der keinen Trikotsponsor hat.
Nach der Pleite mit dem letzten – Teldafax ging pleite und fordert von Bayer laut Fachblatt Sponsors 16 Millionen Euro zurück – will Bayer jetzt einen „nachhaltigen“ Sponsor finden, sich gleichzeitig aber auch nicht unter Wert verkaufen.
Ein schwieriger Spagat, denn dem Verein haftet – inzwischen wohl unberechtigt – immer noch das Image des „Plastikklubs“ an. Bundestrainer Joachim Löw lässt Torschützenkönig Stefan Kießling aufreizend deutlich links liegen, und im Westen der Republik beherrschte das Zweitliga-Spiel 1. FC Köln – Fortuna Düsseldorf mindestens zehn mal mehr die Schlagzeilen als die Vertragsverlängerung von Kießling.
Der pralle Reiner Calmund kämpfte nach außen immer frohlgelaunt um Volkstümlichkeit, doch das Prädikat „Vizekusen“ wurde Bayer nie los. Den UEFA-Cup-Gewinn von 1988 überschatten immer noch die 1:2-Niederlage gegen Real Madrid im Champions League-Finale 2002 oder die am letzten Spieltag durch ein 1:2 in Unterhaching verspielte Meisterschaft 2000. Heute ist Leverkusen nicht einmal der „Vize“, heute sind sie der unsichtbare Dritte.
Dabei hat und hatte Bayer namhafte Spieler im Kader, bildete immer wieder Brasilianer wie Jorginho für die Bayern aus, spielt auch ansehnlich – und trotzdem entfacht die Mannschaft nicht die Begeisterung wie andere Klubs.
In Leverkusen war eben erst das Werk, und rund herum wurden Wohnungen für die Arbeiter errichtet und dann ein Verein errichtet, der durch Sport die Arbeitskraft erhalten sollte. Da ist nichts auf Kohle gebaut, wie in Gelsenkirchen oder Dortmund, sondern alles auf Chemie. Da ist keine Stadtgeschichte, es gibt keine Kö und keinen Dom.
So macht Leverkusen anders von sich reden: Das einzige Stadion, wo vom Hotelzimmer aus die Spiele verfolgt werden können. Das erste Stadion in der Bundesliga, das jetzt mit 320 W-Lan-Stationen aufgerüstet wird, damit der Mobilfunkverkehr im Stadion nicht immer zusammenbricht – wie es üblich ist, wenn Zehntausende von einem Ort aus Daten mobil übertragen wollen.
Und Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser verabschiedet sich dann noch mit einem skurrilen Vorschlag in den im Herbst beginnenden Ruhestand: Die Meisterschaft solle doch bitte durch eine Endrunde entschieden werden; Vierter gegen Ersten, Dritter gegen Zweiten, und dann das Finale. Zumindest so stünde Leverkusen einmal im Jahr im Rampenlicht.
Rainer Kalb