In diesen Tagen ziehen sich wieder Champions- und Europa-League zäh wie Kaugummi durch die Woche. Es bleibt, so seltsam das Ansinnen klingen mag, nur zu hoffen, dass nicht wieder – wie am 3. Spieltag – 124 Tore in den 40 Spielen fallen.
Zugegeben: Das 7:1 der Bayern bei der AS Rom war eine Sternstunde des deutschen Fußballs, so wie das 7:1 der deutschen Nationalmannschaft bei der WM gegen Brasilien, so wie das 7:1 von Borussia Mönchengladbach 1971 gegen Inter Mailand (das dann wegen eines Büchsenwurfes annulliert wurde).
Doch schon dieser Triumph birgt den Kern der Fäulnis in sich. Würde der Europapokal noch, wie zu seinen Ursprungszeiten, von Beginn an nach dem K.o.-System ausgetragen, hätten die Bayern schon nach dem Hinspiel mit Sicherheit in der nächsten Runde gestanden.
So aber ist auch der schönste Sieg bei einem italienischen Top-Verein – immerhin belegt Italien in der Fünfjahreswertung der UEFA hinter Deutschland Platz vier, ist also keine Laufkundschaft - nur drei Punkte wert.
„Planungssicherheit“ für das Fernsehen (mindestens sechs Spiele) und für die Sponsoren (mindestens 540 Minuten TV-Präsenz) sowie die Verneigung der Vereine vor dem Götzen Geld haben dem Fußball einzigartige Momente genommen und lassen diese zu einer Randnotiz in der Statistik verkommen.
Andere Ergebnisse verweisen auf zwei andere Phänomene, die sich zu Gefahren ausweiten können.
Neben dem 7:1 der Bayern gab es ja auch das 4:0 der Dortmunder in Istanbul, das 5:0 von Mönchengladbach gegen Limassol, das 4:2 von Wolfsburg in Krasnodar. Nimmt man das 6:0 von Chelsea gegen Maribor und das 5:0 von Atletico Madrid gegen Malmö FF hinzu, lässt sich schon die Frage stellen, welchen sportlichen Wert diese Gruppenphasen eigentlich haben. Oder dienen sie, wie die Aufblähung der Europameisterschaft auf 24 Teilnehmer, wie die Austragung der EM 2020 in 13 Staaten, nur dazu, dem amtierenden UEFA-Präsidenten genügend Stimmen für eine Wiederwahl zu beschaffen?
Andere Gedanken können einem kommen, wenn das weißrussische Bate gegen das (noch) ukrainische Doneszk daheim 0:7 verliert. Oder Schalke in der Nachspielzeit trotz eines keine zehn Meter entfernt stehenden Torrichters einen Elfmeter geschenkt bekommt, obwohl der Ball dem Verteidiger ins Gesicht flog.
Das alles kann auf Dauer nicht im Sinne des europäischen Fußball-Fans sein. Nur im Sinne der Vereinschatzmeister. Oder finsterer Gesellen.
Rainer Kalb