Wenn am Sonntag Werder Bremen gegen den Hamburger SV gespielt hat, wird dem Verein von der Weser kurz danach eine gesalzene Rechnung der Polizei ins Haus flattern. Verkehr geregelt, Fans am Bahnhof begrüßt und ins Stadion geleitet, die Spielstätte von Wasserseite aus vor terroristischen Angriffen geschützt, und so weiter.
Manch einer, dem das Milliardengeschäft Profifußball sowieso ein Dorn im Auge ist, mag solch eine sechsstellige Rechnung für Recht und billig halten. In Wahrheit ist sie schreiendes Unrecht.
Mal polemisch gefragt: Wann erhält die reiche katholische Kirche ihre Rechnung für den Schutz von Fronleichnamprozessionen oder Kirchentagen Wann muss der reiche DGB für die Demonstrationen am 1. Mai bezahlen? Und wo bitte bleiben die Rechnungen an die Veranstalter der Demonstrationen der Rechtsaußen, die neuerdings immer hoffähiger werden?
Sachlich argumentiert: Der Profifußball zahlte 2013/14 insgesamt 875,2 Millionen Euro an Steuern und Sozialabgaben an den Staat. Hinzu kommen die indirekten Millionen, die jeder Fan beim Kauf einer Bratwurst, einer Fahrkarte, der Parkgebühr oder dem Auftanken seines Autos über die Mehrwertsteuer und andere Abgaben liegen lässt. Und dann erdreistet sich der Staat, die Vereine für Aufgaben bezahlen zu lassen, die qua Gesetz nur ihm, dem Staat, zustehen?
Der Verein ist Hausherr im Stadion, und dort hat er für Ordnung zu sorgen. Dessen sind sich die Klubs bewusst. Heute erhält ja niemand ein Leibchen mehr mit der Maßgabe „Mach heute mal den Ordner“. Heute wird permanent in die Fortbildung der Ordner investiert.
Investiert wird auch in die Videoüberwachung in den Stadien, die von der Polizei permanent gefordert wird. Zu behaupten, dass die Klubs und die Spieler nur Raffkes seien und ihrer sozialen Verantwortung nicht nachkämen, ist also grober Unfug.
Bis auf Pyrotechnik hat es in deutschen Stadien - wohlbemerkt: in den Stadien! – außer bei Mönchengladbach – Köln in den letzten Jahren keine nennenswerte Zwischenfälle körperlicher Gewalt gegeben. Schlägerbanden warten inzwischen an Auobahnraststätten oder verabreden sich via Twitter zu Stammeskämpfen auf Waldlichtungen.
Für die Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft aber sind eher die Politiker verantwortlich zu machen, nicht die Fußballvereine. Im Gegenteil: Die holen mit ihren 26.000 Klubs und Hunderttausenden von Nachwuchsmannschaften, mit ihren Trainings- und Sozialangeboten, mit ihren Transporten zum Training und zu Auswärtsspielen, die Kids noch von der Straße, statt sie darauf rumgammeln zu lassen.
Das sollte anerkannt werden, statt über 875,2 Millionen hinaus noch weitere Rechnungen zu stellen.
Und außerdem: Wer die Musik bezahlt, bestimmt auch, was gespielt wird. Was, wenn die Vereine sagen, zehn Polizisten reichen uns?
Rainer Kalb