Boule de Fort. Das ist ein Spiel rund um Angers, Saumur, Le Mans, Nantes. Es ist natürlich nicht olympisch. Eurosport, das nicht-olympisches Snooker stundenlang überträgt, zeigt kein Boule de Fort. Die Deckenhöhe ist mit 2,20 Meter zu niedrig, um die 23 Meter lange Spielfläche zu erfassen.
In meinem 1000-Seelen-Dorf gibt es über 100 Mitglieder im Verein. Kommt der FC Bayern auf eine Zehn-Prozent-Quote Münchner? Also bitte.
Grob gesagt, geht es darum: Die Spielfläche ist an den Seiten wie ein Schiffsbauch von der Mitte aus fortlaufend um 14 Grad erhöht. Das Spielgerät ist eine Boule- oder Boggia-Kugel, wie jedermann sie vom Strand kennt, nur an den Seiten abgeschnitten und durch einen Eisenring zusammen gehalten. In einer Seite hängt noch ein zusätzliches Gewicht. Damit eiert die Kugel über eine krumme Bahn. Dort so nah wie möglich an den Zielpunkt zu kommen ist ebenso schwierig, wie wenn Thomas Müller bei einer Flanke ahnen soll, wo Lukas Podolski in drei Sekunden zum Flugkopfball ansetzen wird. Da sind Boule de Fort und Profifußball absolut gleich.
Der Unterschied liegt im Betrug. In meinem Dorf wird ehrlich gelogen. Du hast 8:10 verloren, aber der Gegner kann aus Termingründen das Halbfinale nicht spielen? Du machst ein 10:8 draus, denn „The Games must go on“ (Avery Brundage, München, 1972). Du hast einen Gegner, mit dem du nach dem etwa zweistündigen Spiel noch gerne zusammen Essen möchtest? Der Lieferdienst (Vier-Gänge-Menü) steht zur Verfügung, die Spielkommission sorgt bei der Auslosung dafür, dass du mit einem Freund gegen zwei Freunde spielst, was vier Mahlzeiten macht. Du willst nicht sofort gegen das Bayern München des Dorfes spielen? Auch kein Problem.
Da brauchen nicht, wie bei FIFA und UEFA unendliche Zusatzregeln und Setzlisten, Dienstag und Mittwoch-Spieltage, Verbot des Aufeinandertreffens von Vereinen aus gleichen Ländern, gefunden zu werden, um das gewünschte Finale herbei zu führen. Da brauchen nicht, wie bei der Frauen-WM, die drei Weltbesten Deutschland, Frankreich und USA in ein Tableau „gesetzt“ zu werden, damit Ausrichter Kanada der Königsweg ins Finale geebnet wird. (Dass sie dann im Viertelfinale doch an FIFA-Gegner England scheiterten, ist ein Treppenwitz der Geschichte).
Bei uns werden die Eintrittsgelder für die Teilnahme an einem Wettbewerb (vier Euro/Person) ehrlich unter den Siegern aufgeteilt. Bei der FIFA? ISL?? Wie viel Geld ist da verschwunden???
Ich lobe mir die Gaunerei im Dorfverein im Vergleich zu den Machenschaften der FIFA. Nach jeder Runde gibt der Sieger eine Flasche Wein aus, und gut ist’s.
Deshalb ist in meinem Verein ist ein Vorstandsmitglied verantwortlich für den Zustand des Weinkellers. Der fehlt in der FIFA. Jedenfalls als Vorstandsmitglied.
Ob Schatzmeister Grondona bei FIFA-Sitzungen von Blatter besorgte Schlafmittel eingenommen hat, ist nicht erwiesen. Geschlafen hat er jedenfalls häufig. Und jetzt ist er tot. Auf dessen Erde lässt sich viel Dreck abschieben.
Rainer Kalb