Gedanken zur FIFA

Natürlich hat Sepp Blatter dementieren lassen. Er soll, so der Vorwurf der Ex-US-Nationaltorhüterin und zweimaligen Olympiasiegerin Hope Solo, sie 2013 bei der Verleihung des « Goldenen Balles » vor dem Gang vor die Kameras am Po begrapscht haben.

Die Sport-Tageszeitung « L'Equipe » in Frankreich hat daraufhin eine herrliche Karikatur veröffentlicht. In der tätschelt der damals 77-jährige den Po der damals 31-jährigen, sagt in einer Sprechblase zu den Vorwürfen sexueller Belästigung « Blanker Unsinn » und erläutert in einer zweiten : « Ich wollte ihr doch nur das Portemonnaie aus der Tasche ziehen. »

Besser lassen sich die (nur früheren?) Machenschaften des Fußball-Weltverbandes nicht auf den Punkt bringen. Bestechung, Bereicherung, Schiebung, Schmiererei allerorten – wenn die zunehmenden Anklagen stimmen.

Wie viel Millionen wer kassiert, wer verschoben hat, wird fast schon langweilig. Wer kennt die Namen, benennt die Konten ? Wenn schon das Sommermärchen 2006 immer mehr zum Märchen denn zum Sommer wird, wenn Zweifel bestehen, ob der Argentinier Jorge Delhon tatsächlich Selbstmord begangen hat, wenn der Mexikaner Adolfo Lagos auf offener Straße trotz Leibwächter ermordet wurde, dann, ja dann muss die Frage gestellt werden, ob die ehrenwerte Fußball-Familie überhaupt noch eine Daseinsberechtigung hat.

Es ist ja interessant, dass gerade aus Trump-Land die Idee kommt, eine WM der Gescheiterten mit Italien, Holland den USA und anderen zu veranstalten. Also die Hoheit der FIFA in Frage zu stellen. Diese FIFA, die sich im Mai 1904 mit Holland, Spanien, Schweden, Schweiz, Belgien, Frankreich und Dänemark in Paris in der Rue Faubourg Saint Honoré gründete ; der DFB war aus reisetechnischen Gründen verhindert, schickte aber ein Telegramm mit der Zustimmung zur Gründung und dem Beitritt.

Heute hat die FIFA 211 Mitglieder, mehr als die Vereinten Nationen. Nur : Braucht die Welt die FIFA noch ? Die vom neuen Präsidenten Gianni Infantino geschasste Ethik-Kommission, die ihm wohl zu streng war, hat jetzt eine eigene Firma ins Leben gerufen. Aus einer Pressemitteilung : « Die ehemaligen Vorsitzenden der FIFA-Ethikkommission, Hans-Joachim Eckert und Dr. Cornel Borbély, haben, gemeinsam mit dem Münchner Kommunikationsexperten Dr. Marc Tenbücken, die Sports Governance Unit (SGU) mit Sitz in Zürich/Schweiz gegründet. » Tja, auch Ethik kostet Geld.

Bei den Spielregeln hat die FIFA sowieso nur die Hälfte zu sagen ; die anderen Stimmen gehören den großen Briten, den Erfindern des Fußballs. Eigentlich nur ein Land, aber mit vier Nationalmannschaften : England, Schottland, Wales und Irland. Auch so lassen sich die Vereinten Nationen übertrumpfen. Ach so : Gilt für den Fußball auch der Brexit ? Ab zum USA-Turnier !

Fehlt nur noch, dass Monaco – unabhängiges Fürstentum im IOC, damit Prinz Albert im Bob starten kann – eine FIFA-Mitgliedschaft beantragt. Oder der Freistaat Bayern, damit Karl-Heinz Rummenigge noch bayrischer Nationalspieler werden kann. Obgleich : Ob der gebürtige Westfale einen Flüchtlingsausweis bekäme ? Aber das ist ein anderes Thema.

Zurück zum Ernst : Unabhängig von allen Geldflüssen muss sich die FIFA die Frage stellen, ob das System « ein Mitglied, eine Stimme » weiterhin sinnvoll ist. Oder ob der DFB mit seinen fast sieben Millionen Mitgliedern und Hobby-Fußballern nicht auf die Pauke hauen muss und einen Verteilerschlüssel verlangt. Eine Stimme pro Land, und pro Millionen Mitglieder eine weitere. Und wenn dann Inseln dabei sind, die keine Million Einwohner – geschweige denn Verbandsmitglieder - haben, dann haben sie eben Pech gehabt. Aber dann würde Stimmenkauf auch schwieriger – oder zumindest teurer.

 

Rainer Kalb

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