Platini nach Ende der Verbannung auf den Spuren von Hoeneß

Seit Dienstag, 0.00 Uhr, ist Michel Platini wieder frei. Wobei « frei » ein dehnbarer Begriff ist. Juristisch verurteilt war er nie, hat nur die Nacht vom 18. auf den 19. Juni 2019 in Nanterre (bei Paris) in Untersuchungshaft verbringen müssen, obwohl er ursprünglich lediglich als Zeuge geladen war. Aber das ist schon die zweite Geschichte.

Die erste, die geht so : Am 21. Dezember 2015 verurteilt die FIFA-Ethikkommission Platini zu acht Jahren Sperre für jede Tätigkeit im Fußball, weil er 2011 mit neun Jahren Verspätung 1,8 Millionen Euro für eine Beratertätigkeit angenommen hatte, die er seinerzeit einige Jahre für den damaligen FIFA-Präsidenten Sepp Blatter getätigt hatte. Schriftlich fixiert war die Vereinbarung nie. Der Sportgerichtshof in Lausanne reduzierte die Strafe später auf vier Jahre. Platini musste als UEFA-Präsident, zu dem er 2007 gewählt worden war, zurücktreten.

In einem Interview mit der Sport-Tageszeitung L'Equipe lässt der 72-malige Nationalspieler, mit 41 Treffern zweitbester Torschütze der französischen Länderspielgeschichte kein gutes Haar an den Funktionären des Fußball-Weltverbandes : « Mit welchem Recht erlauben sich die Dummköpfe von der FIFA, mir ein Berufsverbot zu erteilen ? Das ist eine Privatorganisation, und wenn ich gewollt hätte, hätte ich schon längst wieder eine Rolle im Fußball gefunden. »

Offensichtlich hält Platini es mit Uli Hoeneß und dessen wortgewaltiger Ankündigung : « Das war's noch nicht », ehe er seine Gefängnisstrafe antreten musste. Eins aber schließt Platini kategorisch aus : « Das Thema UEFA ist für mich erledigt. Meine Frau hat zu mir gesagt : 'Eine Liebesgeschichte kann man nicht aufwärmen'. Und ich höre auf sie. »

Bleiben andere Themen. Berater für EM- oder WM-Veranstalter. Oder französischer Verbandspräsident ? Die Wahlen sind in einem Jahr ; das Verhältnis zwischen dem Amtsinhaber Noel Le Graet (ACHTUNG !! AUF DAS E BEI NOEL UND DAS E BEI GRAET GEHÖRT EIGENTLICH EIN QUER GELEGTER DOPPELPUNKT ABER ICH KRIEGE DAS AUF MEINER TASTATUR NICHT HIN) und Platini gilt als bestenfalls unterkühlt. Le Graet : « Wir haben uns aus den Augen verloren. «  Platini : « Ich habe bei meinen Querelen die Unterstützung des nationalen Verbandes vermisst. »

Noch verwegener ist allerdings ein Plan, als FIFA-Präsident zu kandidieren : « Die haben mich bis Oktober gesperrt, aber im Mai wieder für vier Jahre einen neuen Präsidenten gewählt. Tolles Timing. » Die Bitternis ist unüberhörbar. Zumal, da sein ehemaliger UEFA-Generalsekretär Infantino gewählt wurde. Eine Dolchstoßlegende könnte nicht besser sein. Platini ist 64. Aber das heißt in Funktionärskreisen nichts. Im Gegenteil. Warten auf einen internationalen Triumph ? Platini zuckt die Schultern.

Und dann ? Wer heute Platini liest, fühlt sich vielleicht an Rainer Maria Rilke erinnert, der am 21. September 1902 das Gedicht « Herbsttag » schrieb. Auszüge : « Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. (…) Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben. »

Platini hat zwei Anwesen bei Paris und nahe Marseille. Wurden natürlich beide untersucht. Vier Jahre Verbannung machen aus einem Sommer einen Herbst. Unterstützung im Weltfußball ? Das würde ein harter Wahlkampf.

Bedauern muss niemand den Ex-Star des Weltfußballs. Er hat schließlich nicht nur die 1,8 Millionen von Sepp im Kreuz, sondern auch das Geld von Juve und anderen Arbeitgebern. Aber wenn einer sagt : « Ich habe mich im ersten Monat meiner Sperre nur mit Sonnenbrille und Kappe auf die Straße getraut, meine Verhaftung hat, weil ich ein Promi war, weltweite Schlagzeilen gemacht... ». Dann lässt sich der Fluch der 1,8 Millionen schon verstehen.

Andererseits : « Ich hatte die Zeit, Zeit zu haben. In einem Stau habe ich nicht mehr geflucht.  Ich war ein Rentner, ohne Rentner zu sein. » Und das schlimmste ? « Dass ich bei der Europameisterschaft in meinem Land weder die Auslosung mit dem Begrüßungsworten präsentieren noch den Pokal übergeben durfte. »

Und die Nacht im Gefängnis ? Da ging es darum, dass Platini in einem Gespräch mit dem damaligen Präsidenten Frankreichs Sarkozy und dem kommenden Emir Katars enthüllt haben soll, wie er wählen würde bei der Vergabe der Weltmeisterschaften an Russland und Katar. Als UEFA-Präsident gibt es da ja einen gewissen Einfluss auf das Stimmverhalten der anderen europäischen Funktionäre. Sarkozy wurde wegen dieses Treffens nie angeklagt, der Emir selbstverständlich auch nicht. Nur gegen Platini wird heute noch ermittelt. Der Vorwurf : Er habe sich seinerzeit beeinflussen lassen.

Jedermann mag zu Platini stehen, wie er mag. Auch zu den 1,8 Millionen, deren Berechtigung weder FIFA noch er aufgeklärt haben. Aber er bleibt als begnadeter Fußballer in Erinnerung, wie Netzer, Overath, Maradonna, Zidane oder Rummenigge und Hoeneß. Und mit 1,8 Millionen im Kreuz geht es ihm bestimmt nicht schlecht.

 

Rainer Kalb

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