Video-Beweis

Fußball-Romantiker, die schon immer gegen den Video-Beweis waren, hatten vor dessen testweiser Einführung befürchtet, damit würde an den Stammtischen der Republik Langeweile einkehren, weil die erhitzten Diskussionen um Schiedsrichter-Entscheidungen verstummen würden. Nach einem Drittel der Saison lässt sich das Gegenteil feststellen : Der Video-Beweis sorgt für mehr Diskussionen als jede Schiedsrichter-Entscheidung, und das ist schlecht.

Bei allen Entscheidungen, die bisher in Köln-Deutz – dort sitzen die Video-Assistenten – verursacht wurden, war für mich die um das nicht gegebene 2:0 von Mainz in Mönchengladbach am letzten Wochenende die schlimmste. Wie Schiedsrichter Jablonski zweieinhalb Minuten auf den Bildschirm stierte, um dann das Tor nicht zu geben – erast jubelten die Mainzer Spieler und Fans, dann bangten sie, dann schüttelten sie die Köpfe oder schimpften : Das ist kein Fußball mehr.

Im Eishockey (reale Spielzeit!) oder im American Football, wo nach jedem Spielzug – also nach maximal zehn Sekunden – das Spiel unterbrochen wird, mag ein solches Vorgehen vertretbar und sinnvoll sein. Den Fußball mit seiner Dynamik und Flüssigkeit tötet es, oder macht zumindest ein anderes Spiel daraus. Würde ein Spieler zweieinhalb Minuten brauchen, um bei einer Auswechslung vom Platz zu schleichen oder einen Freistoß auszuführen, er würde wegen Zeitschinderei / Spielverzögerung verwarnt.  Lieber eine falsche Entscheidung, also Ungerechtigkeit, als dieses quälende Warten auf eine Entscheidung. Schließlich ist der Fußball kein deutsches Gericht, sondern ein Spiel.

Nicht nachvollziehbar ist der Nicht-Video-Beweis  für den Stuttgarter Verteidiger Burnic. Dessen zweites Foul war eindeutig nicht gelbwürdig und damit die gelb-rote Karte ungerecht. Aber bei gelben Karten darf das Video-Gericht (noch) nicht eingreifen. Eine innere Logik, die zu schreienden Widersprüchen führt.

Ein anderes ist bei den rund drei Dutzend Video-Beweisen, die wir seit Saisonbeginn schon erleiden mussten, noch unangenehm aufgefallen. Es hat ein Spiel gegeben, in dem der Schiedsrichter Abseits pfiff, die angreifende Mannschaft aber munter weiter spielte, ein Tor erzielte, das auf Eingreifen des Video-Assistenten gegeben wurde. Die Moral von der Geschicht' : Vertraue nie mehr dem Pfiff eines Schiedsrichters, höre nicht auf ihn, Köln-Deutz wird es schon richten.

Der DFB / Schiedsrichterwesen und die sich mit ihm abstimmende DFL/Profifußball kommen einem vor wie im letzten Jahrtausend der General Wirrwarr aus der Augsburger Puppenkiste. Da wird eine Regelauslegung entschieden, die der Öffentlichkeit – also den zahlenden Fans im Stadion und vor dem Bildschirm – erst mit vier Wochen Verspätung bekannt gegeben wird, dann wird wegen des Wirrwarrs ein zweiter Brief zur Erlärung geschrieben, dann schaltet sich der Präsident ein und dann wird der, der für den Video-Beweis zuständig war, per Pressemitteilung an den öffentlichen Pranger gestellt. 

Festzuhalten bleibt : Es ist nicht der Videobeweis an sich, der schlecht ist. Es ist die Kommunikation um ihn herum. Die Öffentlichkeitsarbeit rund um dieses Thema ist vor allem beim DFB ein Desaster. Das liegt auch an den Schiedsrichtern selber, die sich häufig selbstherrlich wie eine Kaste, wie ein Geheimbund inszenieren, Interviews verweigern – oder, siehe Gräfe, auf Anordnung der Sultane erst gar nicht mehr geben dürfen. Irrungen, Wirrungen.

Der Ausweg aus dem Dilemma ? Ich sehe nur einen : Nicht der Video-Assistent darf mehr flüstern, nicht der Schiedsrichter darf mehr Unsicherheit zeigen, sondern die Trainer dürfen ein- oder zwei Mal pro Halbzeit den Video-Beweis anfordern. Denn die werden bei Misserfolgen gefeuert. Die sind die ärmsten Schweine. 

Die Elite-Schiedsrichter erhalten immerhin 79.000 Euro Fixum im Jahr plus 5000 pro Spiel. Das ist im Vergleich zum Trainer-Salär ein bequemes Gehalt für « Ehrenamtliche », die meist noch einen anderen Beruf haben. Da sollten sie, statt Unsicherheit zu zeigen und sich von Köln-Deutz abhängig zu machen oder düpieren zu lassen dem Trainer die Entscheidung überlassen, ob er ihre Entscheidung anzweifelt. Das kratzt nicht am Image und schadet nicht der Autorität. Es vermeidet nur den Eindruck, als würden Entscheidungen in Wolkenkuckucksheim fallen – oder gefällt.

 

Rainer Kalb

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