Die WM scheint schon eine Ewigkeit her ; nur in Frankreich ist sie noch allgegenwärtig. Der deutsche Fußball verarbeitet die Nachbeben. Aber abgesehen von der Nabelschau gibt es noch andere interessante Nachbetrachtungen. Wie hat beispielsweise die Bevölkerung des nächsten WM-Gastgebers Katar diese Weltmeisterschaft in Russland erlebt ? Die französische Sportzeitung L'Equipe ist vor Ort gewesen.
Der überhitzte Parkplatz von Katara, im Norden von Doha. Eine der Fanzonen während der WM. An der Einfahrt rund 30 Verkaufsbuden, wo Kaffee, Kaltgetränke, Burger bestellt werden können. Eine Serviererin ist sofort zur Stelle, bringt das Bestellte. Dann rollt man auf den Parkplatz.
Die « Fans » bleiben in ihren Karossen sitzen. Die Motoren laufen über 90 Minuten plus Pause plus Nachspielzeit. Umweltverschmutzung ? Egal. Hauptsache, die Klimaanlage arbeitet zuverlässig. Der Liter Sprit kostet schließlich nur 50 Cent. Ein großes Werbeschild zeigt die Frequenz an, auf der das Spiel im Radio übertragen wird.
Einige werfen den Verzehrmüll achtlos aus dem Fenster. Sofort ist Reinigungspersonal zur Stelle. Fällt ein Tor, wird gehupt. Aber dezent. Nicht wie bei Freudenfeiern oder Hochzeiten in Deutschland. Der Katarer an sich geht nicht aus sich heraus.
Szenenwechsel in den großzügig angelegten Aspire Sportkomplex. In ihm liegt auch das Khalifa-Stadion, die erste, im Mai 2017 eröffnete WM-Arena. Im Komplex auch eine Halle, die bei der WM Fanzone war und 2022 gleichfalls sein wird. Die Außentemperatur von 40 Grad ist auf angenehme 20 Grad heruntergekühlt. Natürlich ist die ganze Halle bestuhlt ; der Eintritt ist frei. In der Mitte gibt es sogar einige Reihen von Polstersesseln, aber da darf selbstverständlich nicht jedermann Platz nehmen.
Bezahlen muss nur, wer aus einem abgetrennten Privatsalon zuschauen will, mit Couch und Tisch. Und natürlich, wer sich ganz oben eine VIP-Lounge mietet. Die kostete zum Endspiel 470 Euro.
Es ist jetzt schon klar, dass Katar nach Abpfiff für sich reklamieren wird, die « beste WM aller Zeiten » organisiert zu haben. Die Temperaturen liegen vom 21. November bis 18. Dezember – für diesen Zeitraum ist die WM 2022 terminiert – zwischen erträglichen 15 und 30 Grad ; der Luxus ist augenfällig und mit den Händen zu greifen. Darf nur kein Sandsturm während eines Spiels kommen.
Und ein Problem bleibt : Was machen die Fans zwischen den Spielen ? Sehenswürdigkeiten gibt es in der Wüste so gut wie keine.
Rainer Kalb