Ex-FIFA-Präsident Joseph S. Blatter ist jetzt 85. Seine Sperre für die Ausübung einer Tätigkeit im Fußball, die er seit 2015 absitzt, läuft im Oktober diesen Jahres aus. Wie der Zufall es will, hat die rechtsprechende Kammer der Ethik-Kommission des Fußball-Weltverbandes FIFA ihm jetzt noch einmal sechs Jahre und acht Monate Berufsverbot aufgebrummt, was wohl im Endeffekt lebenslänglich bedeutet. Grund: Unberechtigte Bonus-Zahlungen im Zusammenhang mit FIFA-Wettbewerben. Blatters frühere rechte Hand, Ex-Generalsekretär Jerome Valcke (60) hat die gleiche Strafe erhalten. Er soll bei Großveranstaltungen unsaubere Ticket-Geschäfte getätigt haben.
Unabhängig davonl, ob man einem 85-jährgen noch die Freiheit nehmen muss, tun und lassen zu können, was er will und physisch noch kann, ist ein Absatz im Urteil besonders interessant: Beide Herrschaften werden aufgefordert, je eine Million Schweizer Fränkli an den offensichtlich darbenden Weltverband zu entrichten.
Eine Million Franken, das sind umgerechnet etwa 900.000 Euro. Die Frage stellt sich, ob die Ethiker wissen, was Blatter und Valcke bei der FIFA so abgeschlabbert haben, dass sie auf eine solche Summe als Strafmaß kommen? Oder ob sie ihre eigenen Einkünfte als Grundlage genommen haben? 900.000 Euro lassen sich wahrlich nicht mehr als Pappenstiel bezeichnen. Das ist schon mehr als ein solider Holzknüppel. Das ist eine Eisenstange.
Wie groß muss die Angst der FIFA vor einem Greis sein, dass sie solch eine drakonische Strafe ausspricht? Blatter jedenfalls, derzeit in einer Reha-Klinik, hat sich gegenüber dem Sport Informations Dienst (SID) unverblümt geäußert. „Die Ethikkommission in ihrer jetzigen Form hat mit einer unabhängigen Instanz nichts mehr zu tun – sie ist viel mehr der verlängerte Arm des FIFA-Präsidenten und nicht viel mehr als eine Schein-Justiz", sagte er nach dem „Nackenschlag“.
Wie „unabhängig“ die Ethik-Kommission der FIFA wirklich vom Präsidenten Gianni Infantino ist, wird unter Fachleuten heftig diskutiert. Immerhin hat der sich mal für Hunderttausende von Euros einen Privatjet gemietet, um von einem Termin schneller wieder zu Hause zu sein. Und dass jetzt bei der WM-Qualifikation jede Mannschaft für Menschenrechte demonstrieren darf, wo Spielern doch politische Äußerungen auf dem Feld eigentlich untersagt sind, spricht auch nicht gerade für eine stringente Haltung der Ethiker.
Rainer Kalb