Alles in der eigenen Hand?

Pal Dardai behauptet : « Wir haben alles in der eigenen Hand. » Das zeigt schon die Fehleinschätzung des Trainers von Hertha BSC Berlin über die derzeitige Situation. Wenn überhaupt, hat Abstiegskandidat Hertha BSC Berlin alles im eigenen Fuß. Und der kann derzeit, coronabedingt, nur wenig am Ball bewegen.

Verfälscht die politisch, gesellschaftlich, gesundheitlich notwendige Corona-Quarantäne die Bundesliga, gar den Abstiegskampf ? Gewiss. Die Hertha liegt zwar nur drei Punkte hinter Relegationsplatz 16 (derzeit 1. FC Köln) und vier Punkte hinter Arminia Bielefeld und Werder Bremen. Doch während die genannten drei nur noch drei Spiele zu bestreiten haben, sind es für die Hertha sechs. Davon fünf in zwölf Tagen.

Das mag für einen Europapokal-gestählten Verein mit einem entsprechend breit und qualitativ besetzten Kader kein Problem sein, aber für einen Klub, der gegen den Abstieg paddelt, ist es das schon. Zumal in der Quarantänezeit ein Training, das den Namen verdient, auch nicht möglich ist. Wettbewerbsverzerrung ? « Nie und nimmer », tönt es aus der Deutschen Fußball-Liga, die ihren Terminkalender im Hinblick auf die Relegationsspiele bis zum 22. Mai durchpeitschen will. Danach beginnt die Abstellungsperiode für Nationalspieler zur Vorbereitung auf die Europameisterschaft. Als wenn Hertha, und die letzten Gegner Bielefeld, Schalke, Köln und Hoffenheim Spieler in ihren Reihen hätten, die Yogi Löw wirklich interessieren könnten.

Wohin die Sturheit der Funktionäre (Relegationsspiele ! Fernseheinnahmen!) führen kann, lässt sich wunderbar am Beispiel Dynamo Dresden ablesen. Die stiegen nicht nur, aber auch aus der 2. Liga ab, weil sie in 19 Tagen sieben Spiele absolvieren mussten. Verteidiger Chris Löwe seinerzeit stinksauer : « Die Leute sitzen in ihren 5.000 Euro teuren Bürostühlen, entscheiden über unsere Köpfe hinweg und wir sind die Idioten, die das Ganze ausbaden. Die Frage ist, ob dasselbe mit München oder Dortmund passiert wäre, oder nur mit uns? »

Jetzt sind die Dresdner, die am Wochenende für den Endspurt den Trainer gewechselt haben (Alexander Schmidt statt Markus Kauczinski) in einer ähnlichen Situation. Sie haben noch sechs Spiele bis zum Saisonende, die « Löwen » nur noch vier – und beide kämpfen um einen Platz in der 2. Liga. Na ja, die Dresdner könnten wegen der Nachholspiele theoretisch noch 18 Punkte holen, die Löwen, die derzeit zwei Zähler Vorsprung haben, nur noch zwölf. Aber wie lange kann Dynamo diesen bis zum gesetzten Saisonende noch mit voller Kraft treten? Geschichte wird sich wiederholen.

Doch auch, wenn das Profikarussel sich für einige Vereine zu schnell dreht – es wird sich weiter dreh'n, immer weiter dreh'n.

 

Rainer Kalb

 

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