Kanzlerin Angela Merkel hat gesagt : « Wir schaffen das. » Die Bilanz : Mit unerwarteter Mühe.
DFB-Präsident Fritz Keller sagt : « Das können wir », und er meint den Fußball und den Kampf gegen Rassismus in den Stadien. Aber auch DFB und DFL haben ihre Mühen.
Es ist unbestritten, dass alle Spieler der ersten drei Ligen am Wochenende einen Trauerflor wegen Hanau trugen. Es ist unbestritten, dass in den Stadien Riesenbanner gegen Rassismus und für Toleranz hingen. Es ist unbestritten, dass der DFB den Julius Hirsch-Preis geschaffen hat und vergibt, dass jede U18 inzwischen nicht nur aus sportlichen Gründen nach Israel geschickt wird, dass jedes Jahr zur Befreiung vom KZ Auschwitz um den 27. Januar herum auch der damals untätige deutsche Fußball heute der Opfer gedenkt.
Aber bleibt das nicht alles nur im Symbolhaften stecken ? Hält die Haltung Ultras und Rechtsradikale davon ab, Freiräume wie das Internet und ein Stadion als « Hornochsen » (Gladbachs Sportdirektor Max Eberl) zu nutzen ?
Den Ultras sind Geldstrafen für den Verein, den sie nicht lieben, sondern nur benutzen, sowieso egal. Das Reiseverbot für BVB-Fans nach Hoffenheim schadet nur der TSG, der Einnahmen entgehen. Insofern müssten DFB und DFL wirklich handeln, statt nur zu deklamieren.
Wie wäre es für ein Nordkurvenverbot für Mönchengladbach ? Das würde Verein und Mannschaft, aber auch die aufrechten Fans treffen. Und wenn die nicht mehr rein dürfen, überlegen sie sich vielleicht doch, ob sie nicht – wie in Münster geschehen – die denunzieren, die sich hinter Masken verbergen. Und wenn eine ganze Kurve verbannt wird, werden die Pappnasen wohl die ersten sein, die dreist vom Verein 1/17tel des Preises ihrer Dauerkarte zurückfordern. Im übrigen träfe das einen Verein mit Verwaltungsaufwand, Post- und Bankgebühren härter als eine DFB-Geldstrafe, die mit einer Überweisung erledigt ist.
Wenn Gladbachs Fanklub-Zusamenschluss erklärt, alles sei nur ein großes « Missverständnis », beweist das nur, dass die ihre Pappenheimer kennen. Und nur, wenn die wahren Fans die Zivilcourage aufbringen, sich von ihren « Freunden » zu trennen, kann der Kampf gegen Rassismus gewonnen werden.
Hoffenheims Trainer Alfred Schreuder hat verkündet, er hätte seine Mannschaft vom Feld geholt, wären die zum Mord auffordernden Plakate gegen Dietmar Hopp geblieben. Das wäre dann mal eine echte Nagelprobe für den DFB geworden : Gladbach drei Punkte zusprechen, weil Hoffenheim die (sportlichen) Regeln verletzt hat ? Oder Hoffenheim die Punkte trotz Rückstand zu zusprechen, weil einige « Hornochsen » die Menschenwürde verletzt haben ? Besser als lächerliche Geldstrafen für überreiche Vereine wären Punktabzüge. Das täte richtig weh – auch den Fans, die jetzt noch Ultras beschützen.
Der farbige deutsche Nationalspieler Antonio Rüdiger hat sich bitterlich über den Rassismus in englischen Staaten beklagt, in Italien grassiert er auch. In Deutschland haben schwarzfarbige Bundesligaspieler schon geweint. Sie sind aus Solidarität mit der Mannschaft auf dem Feld geblieben.
Die Fälle in den Stadien sind kein Fall mehr für die im Grunde sinnvolle autonome Sportgerichtsbarkeit (Anzeige wegen Körperverletzung nach jedem Foul?), sondern inzwischen tatsächlich für die Strafjustiz. Wofür gibt es denn Videoaufzeichnungen ?
Und wer sich hinter einem Transparent verbirgt oder einer Maske, muss sich irgendwann auch mal zeigen. Vor allem den wirklich Suchenden. Wie ernst nehmen Vereine eigentlich ihre Einlasskontrollen und Ordnungsdienste ?
Merk auf ! Egal, wie die Hautfarbe ist : Das Blut bleibt immer rot. Hinter jedem Äußeren verbirgt sich ein Mensch.
Rainer Kalb