Die Deutschen hatten es besonders eilig mit dem sogenannten « Re-Start » der Bundesliga. Aber das ist weltweit nichts Neues. Sie eilen schließlich auch zu hastig über Autobahnen und protzen mit PS-Zahlen unter der Motorhaube.
Ob am Wochenende tatsächlich die ganze Welt auf die Bundesliga gestarrt hat, sei dahingestellt. Kölns Sportdirektor Horst Heldt jedenfalls irrt gewaltig, wenn er faselt : « Die ganze Welt hat uns bewundert. »
Nein, hat sie nicht. Sylvain Kastendeuch, Co-Präsident der französischen Spielergewerkschaft, jedenfalls behauptet : « Das war eine Parodie von Fußball. »Und verteidigt, dass die Meisterschaften in Schottland, Belgien, den Niederlanden und Frankreich vorzeitig beendet wurden : « Es war mutig von der französischen Regierung, das Championnat abzubrechen und nicht das entgangene Geld in den Vordergrund zu stellen. So zu entscheiden, war ehrenwert. Außerdem möchte ich nicht wissen, wie viele Verletzte es in der Bundesliga in zwei, drei Wochen gibt, denn die Vorbereitung war bei weitem nicht ausreichend. »
Der Ex-Profi (709 Spiele. 28 Tore, neun Länderspiele) sieht für die Bundesliga, die Premier League, Italien und Spanien vor allem eine Gefahr : « Die Spieler werden verschlissen. Ich bin mal gespannt, wie sie im August noch Champions League spielen wollen, im September dann de neue Champions League, die Nations League und dann im Juni 2021 noch die Europameisterschaft. Wir in Frankreich werden die Spieler gut und in Ruhe auf eine neue Saison vorbereiten. Das ist wichtiger, als jetzt noch eine Saison durchzupeitschen. »
Wobei : Deutschland lebt immerhin noch im Tal der Seligen.Was sollen denn erst die Engländer sagen, die ihre TV-Milliarden noch retten wollen und dafür noch 92 Spiele auszutragen haben? Sie verfolgen einen ziemlich abstrusen Plan. Sicher Liverpool muss unter Jürgen Klopp nur noch zwei von neun Spielen gewinnen, um wirklicher Meister zu sein und nicht virtueller. Aber um die Ansteckung mit Corona zu minimieren wollen Englands Behörden Spiele in Stadien, die in Wohngebieten liegen, verbieten – es könnten sich Fans vor den Stadien zusammenrotten. Unter diesen Begingungen, gegen die allerdings einige Vereine vor allem aus dem Tabellenkeller opponieren, gilt unter Optimisten der 1. Juni als Zeitpunkt für den Beginn der Geisterspiele. Wobei : alle auch nachfolgend genannten Termine sind Planspiele ; sie können sich nach Entwicklung der Dinge noch jederzeit ändern.
Am 2. Juni startet Österreich, nachdem am 29. Mai bereits das Pokalfinale ausgetragen wird. Dort ziehen sich die Spiele bis in den Juli hin, da noch Europa-League Play-Offs zu spielen sind.
Widersprüchliche Meldungen kommen aus der Schweiz. Einerseits heißt es, die Schweier Fußball Liga entscheide am 29. Mai über Abbruch oder Geisterspiele, die dann am 8. Juni beginnen sollen. Sion hat zudem eine Aufstockung der Superliga gefordert, um mehr Geisterspiele zu haben.
Am spätesten steigen Italien und Spanien, die von Corona mit am härtesten betroffenen Länder, ein. Sie sehen einen Neueinstieg in den Profifußball erst zischen dem 12. und 14. Juli vor. Motto : Eile mit Weile.
Rainer Kalb