Löw und Tuches, Draxler und Kehrer

Wer Fan von Paris St. Germain ist, muss die deutsche Nationalmannschaft betrachten, um Julian Draxler und Thilo Kehrer bewundern zu können. Die Länderspiele von Löw's Auswahl wurden in Frankreich im frei empfangbaren Fernsehen gezeigt. Die Spiele von Paris Sr. Germain hingegen werden im Pay-TV versteckt.

Wobei : Julian Draxler hat bei Thomas Tuchel seltsamerweise grundsätzlich einen schwierigeren Stand als bei Joachim Löw. In Paris verbringt er mehr Zeit auf der Bank als auf dem Feld, so dass sich so mancher Franzose fragt, weshalb jemand in Paris nur Ersatz ist, der für Deutschlands Nationalmannschaft gut genug ist.

Für Paris St. Germain wurde der Saisonauftakt wegen der Belastungen durch das Champions League-Finale (0:1 gegen Bayern München) bereits verschoben. Während die meisten Vereine schon zwei Spiele absolviert haben, tritt PSG erst am Donnerstag in Lens, in Nordfrankreich, an. Allerdings mit einem reduzierten Kader. Sieben Spieler – darunter Neymar und Mbappé – haben sich in einem Kurzurlaub auf Ibiza mit Corona (nicht dem mexikanischen Bier) infiziert und dürfen nicht spielen. Eine Chance für Draxler ?

Der hat in der vergangenen Saison in der Liga nur 685 Minuten von 3420 möglichen gespielt ; Thilo Kehrer, der jetzt vom Wechsel des Thomas Meunier (Belgien ; « All diese Geburtstagsfeiern in Palästen haben mich überrascht ») zu Borussia Dortmund profitiert, kam nur auf 480 Minuten.

Missachtet Tuchel wissentlich die Deutschen ? Ihn beim Dauer-Meister und Champions-League Finalisten ein Jahr vor Vertragsende hinaus zu werfen, würde nach öffentlichen Spekulationen zehn bis 15 Millionen Euro kosten – die investiert PSG lieber in neue Spieler.

Nur welche ? Selbst Nachwuchsspieler Nianzou Tanguy Kouassi (18 ; Franzose ; Eltern Elfenbeinküste) ist lieber zu den Bayern gewechselt als bei Paris zu bleiben. 

Ist also die Lichterstadt Paris doch nicht so schillernd, wie die Eigentümer aus Katar es vermuten lassen wollen ? Andererseits : Die Deutschen in Frankreich haben immer ihre Pflicht verrichtet. Und meist auch mehr. Gewiss, Erwin Kostedde (Stade Laval), Manfred Kaltz (FC Mühlhausen), Pierre Littbarski (Matra Racing Paris), Christian Wörns (PSG) und Oliver Bierhoff (Monaco) haben es jeweils nur eine Saison ausgehalten.

Aber Erich Maas (Nantes), Paul Heidkamp (Bastia / Lille), Gernot Rohr (erst Bayern, dann Girondins Bordeaux), Uwe Krause (Stade Laval, AS Monaco, FC Sochaux), Klaus Allofs (Olympique Marseille, Girondins Bordeaux), Karlheinz Förster (Olympique Marseille), Dieter Müller und Caspar Memering sowie Uwe Reinders (Girondins Bordeaux), ohne Rudi Völler Olympique Marseille) oder Jürgen Klinsmann (AS Monaco) sowie die Torhüter Andreas Köpke (OM) oder Kevin Trapp (PSG) zu vergessen : Sie alle haben bleibende Eindrücke in Frankreich hinterlassen.

Weshalb also « vergisst » Tuchel seine braven Soldaten ? Wegen der Generäle Mbappé und Neymar ? Weil ein deutscher Feldmarschall keine Deutschen spielen lassen darf ? Oder weil Joachim Löw einen Knick in der Optik hat, der die beiden besser aussehen lässt, als sie sind ?

Fragen über Fragen, die Tuchel und Löw in den nächsten zehn Monaten beantworten müssen – jeder auf seine Art.

 

Rainer Kalb

 

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