FIFA-Präsident Joseph S. Blatter ist es gewohnt, vorne weg zu präsidieren, zu defilieren oder gefahren zu werden. Er hat in seinen großen Zeiten ja sogar behauptet, selbst mächtiger als der Papst zu sein. Der Fußball habe mehr Mitglieder als die katholische Kirche.
Beim Witzturnier um die Klub-Weltmeisterschaft musste vor dem Endspiel zwischen Bayern München und Raja Casablanca der mehr als selbstbewusste Sepp allerdings ungewohnte Demut zeigen. Er hatte hinter König Mohammed dem Sechsten hinterher zu dackeln. Und das, Sepp dem Zweiten ! (Der erste hieß Maier und war Torhüter bei den Bayern).
Der Fußball-Weltverband FIFA muss derzeit ja einige Stürme überstehen.
Katar und Arbeitsbedingungen, Katar wann, FIFA gegen Klubs. Die Daten.
Wann spielen? Auf Kosten von wem?
Die in Costa do Sauipe anlässlich der vielfach vorher bestimmten Millionen teuren Auslosung fand statt „ mit Sitzungen, Workshops und Pressekonferenzen sowie der ersten Versammlung der technischen Stäbe der 32 Mannschaften und anderer Fussballlegenden, doch alles verlief zu unser aller Zufriedenheit.“ So weit ein Zitat aus der offiziellen FIFA-Mitteilung. Wer der deutschen Sprache mächtig ist, dem fällt dieses Wörtchen „doch“ auf. Es lässt ja darauf scließen, dass die FIFA anderes befürchtet hatte.
Grundsätzlich ist es grenzwertig, wenn sich Weltagenturen zu einer „Besichtigungsreise“ einladen lassen. Andererseits knapsen Tageszeitungen immer mehr an Reisekosten (und Gehältern und Honoraren, so dass der Rückgriff auf Agenturen jenseits der deutschen Spiele der preiswerteste ist). Und abends beim Caipirinha erfährt man auch einiges.
Wie wird Blatter in China gesehen, wie in Europa, wie in Afrika, in Südamerika.
Kurzum, die Zweifel an dem vergreisenden Tausendsassa wachsen. Sein Betreuungsstab wächst und wächst, um ihn vor Dummheiten zu schützen.
Das gelingt ihm nicht immer (Imitation Ronaldo, Kolonialmacht Europa).Sein Ziehsohn Platini hat einem Waffenstillstand zugestimmt, damit Blatter noch die WM in Brasilien genießen kann (falls nicht das auch ein Bumerang wird). Danach zählt das offene Visier.
Platini geht mit seinen dann 59 Jahren gegenüber dem bald 80-jährigen JSB in ein großes Risiko. Seine Wahl für Katar, der Beruf seines Sohnes für Katar, die horrenden Sponsorengelder für Paris, die das finanzielle Fair Play umgehen, hängen ihm schwer an. Nur wenn nicht er, wer dann ?
Bei der Rückreise der Weltagenturen durch Brasilien war die eindeutige Meinung, dass die Zeit von Blatter abgelaufen sei. Ehrenpräsident, eventuell mit Stimmrecht, und tschüss. Aber dann wird‘s zum großen Stühlerücken kommen. Der französische Kandidat kann den französischen Generalsekretär Jerôme Walcke nicht ab. Und was oben beginnt, setzt sich fort bis in die 4. und 5. Ebene. Der FIFA stehen bewegte Zeiten bevor.
Rainer Kalb