Den heutigen Mittwoch sollten Sie als Feiertag begehen. Weshalb? Weil es der erste freie Tag seit einer Woche EM-Fußball ist. Kaum zu glauben, oder?
Die UEFA, der im letzten Jahrtausend mit der Erfindung der Champions League und deren weltweiter Zentralvermarktung ein großer Wurf gelungen war, wollte diesen Erfolg auch mit Nationalmannschaften kopieren. UEFA-Präsident Michel Platini verbrämte das vollmundig als großartige Chance, die Bedeutung der Nationalmannschaften gegenüber den Klubs zu unterstreichen, und rief deshalb nicht die Woche der Brüderlichkeit, sondern der Nationalmannschaft aus.
Seit letztem Donnerstag quält sich seitdem ganz Europa zäh wie ein Kaugummi durch die EM-Qualifikation. Es begann am letzten Donnerstag mit Mazedonien – Luxemburg, setzte sich Freitag fort mit Lettland – Island, fand am Samstag einen Höhepunkt mit Irland – Gibraltar, ehe sich am Montag Andorra und Israel begegneten. Abgeschlossen wurde das Ganze dann gestern mit Serbien - Albanien.
Es gibt wohl nur Rudi Völler, der auf einem Seminar der Zeitschrift Sponsors in Leverkusen bedauert hat, dass nicht alle Spiele auf Sky oder Sport1 oder Eurosport übertragen werden. Klar, dem Sportdirektor von Bayer Leverkusen wären so interessante Talente frei Haus auf seiner Couch gezeigt worden.
Doch würde der normale Sportfan dieses tägliche Brot brauchen? Wohl nicht. Zumal die UEFA offensichtlich unverschämte Preise aufgerufen hat, um die Abspielfläche der TV-Sender mit täglichen Quali-Spielen voll zu müllen.
Zumal kaum ein Fan versteht, weshalb solch ein Bohei um die EM-Qualifikation gemacht wird. Von 53 Mannschaften qualifizieren sich 23; anderthalb Jahre hecheln sie dem Ball hinterher, um 30 Teams zu eliminieren. Jeder Dritte der Qualifikationsgruppe erhält noch die Chance eines K.o.-Spiels im nächsten November. Da wundert es doch keinen mehr, dass Löw und Co. über die historische Niederlage in Polen fast gleichgültig hinweg gingen, da wundert es keinen mehr, dass das Spiel gegen Irland am Dienstag nicht ausverkauft war, da wundert es keinen mehr, wenn der DFB zur Schonung der Spieler im voreilenden Gehorsam gegenüber dem FC Bayern (Überlastung der Spieler) gegen Gibraltar am 14. November (nächste Gähnwoche) die U17 antreten lassen würde.
Der Fußball an sich ist schön. Aber der Profifußball schafft es schon, sich selbst zu zerstören. Für wie blöde halten die mit üppigen Aufwandsentschädigungen und Tagegeldern augestatteten Funktionäre den Fan eigentlich?
P.S.: Trotz dieser Polemik gegen den Kommerzfußball kann der wahre Fuballfan am Mittwoch dem Fußball nicht entkommen. Die ARD zeigt um 20.15 Uhr einen Film über Kurt Landauer, der zwischen 1913 und 1951 vier Mal Bayern-Präsident war und, weil er Jude wr,während der Nazi-Zeit emigrieren musste, aber zurück kam.
Rainer Kalb