Es gibt in Deutschland viele schöne und meistens kluge Redensarten. Eine davon lautet, man solle die Kirche doch bitte im Dorf lassen.
Nun gibt es in Deutschland immer weniger Priester und Pastoren, weniger Dörfer und eine geringere Nutzung der Kirchen. Aber Schalkes neuen Trainer Roberto di Matteo als beste Trainerverpflichtung seit Pep Guardiola zu feiern, scheint dann doch ein wenig voreilig zu sein.
Was hat denn der Neue in der Bundesliga bislang geschafft? Er hat gegen Hertha BSC Berlin in einem Heimspiel Beton anrühren lassen, wie einer seiner Vorgänger selig, Huub Stevens. Die Nul muss stehen. Das ist sozialer Wohnungsbau, aber keine Kirche und gewiss keine Kathedrale, kein Abbild des Himmels.
Di Matteo hat als Trainer von Chelsea im „Finale dahoam“ mit seiner Betonmischmaschine die Bayern bezwungen, Stevens als ebensolcher die Schalker 1997 zu „Eurofightern“ gemacht. Aber sonst? Jupp Heynckes hat das Triple geholt, Udo Lattek fast unzählbar viele Titel gewonnen, Ernst Happel in der Bundesliga gewirkt. Der beste Trainereinkauf nach Pep Guardiola? Da fehlt noch einiges.
Gewiss, Jens Keller war zuletzt der Ritter von der traurigen Gestalt. Di Matteo ist da mit seiner Beherrschung von sechs Sprachen weltläufiger. Er kann mit seiner Multi-Kulti-Truppe leicht reden und plaudern, aber kann er auch kommunizieren? Die ganz spezielle Sprache auf Schalke und im Ruhrpott jedenfalls muss er noch lernen. Chelsea war ein Klub der Betuchten mit Geld, kein Verein der Kohle.
Jedenfalls ist Sprtvorstand Horst Heldt ein gewagtes Spiel eingegangen, als er wieder einmal einen Trainer gefeuert hat. Einen zu holen, der den italienischen Begriff des Catenaccio, also des Mauerns um jeden Preis, wieder modern macht und der schließlich nicht zufällig zwei Jahre lang arbeitslos war, ist mutig. Den „Neuen“ schon einen Tag nach der Entlassung des „Alten“ präsentieren zu können, beweist, dass hinter dem Rücken des „Alten“ verhandelt wurde. Die einen rühmen das als Weitsicht, die anderen nennen es schäbig.
Schalke jedenfalls bleibt ein Verein, der Emotionen weckt wie die Bayern oder Dortmund. Nur, den Trainer Roberto jetzt schon mit dem Trainer Pep zu vergleichen, ist denn doch zu viel des Guten. Man sollte die Kirche wirklich im Dorf lassen.
Rainer Kalb