Es ist Klaus Allofs zu gönnen, dass er sich nach Jahren verordneter Sparsamkeit, ja Knauserigkeit, bei Werder Bremen nun darüber freut, beim VfL Wolfsburg das Geld mit vollen Händen herauswerfen zu dürfen.
Es ist ihm auch zu gönnen dass er in André Schürrle im Gegensatz zu Felix Magath, der in Wolfsburg das Hinausschaufeln von Geld erfunden hat, wohl einen Volltreffer gelandet hat. Es ist auch richtig, wenn Allofs darauf hinweist, ein Schürrle in der Bundesliga sei besser als ein Weltmeister in England auf der Bank.
Trotzdem stellen sich einige Fragen rund um die 50 Millionen Euro, welches das „Paket“ einschließlich Transfer, Gehalt, Beraterkosten und Prämien wohl mindestens kosten dürfte. Ja, Prämien. Um das „finanzielle Fair Play“ der UEFA nicht zu verletzen – nicht mehr Ausgaben als Einnahmen – muss Wolfsburg auf Gedeih und Verderb die Champions League erreichen. Die bringt nicht nur Prämien, sie kostet auch solche.
Zunächst ist es dem VfL (neuerdings: Verein für Leistungssport, nicht mehr für Leibesübungen) gelungen, einer Öffentlichkeit, die wegen eines Fragenkatalogs der UEFA an den Verein beunruhigt war, Sand in die Augen zu streuen. Natürlich ist es richtig, dass die UEFA nur die letzten drei Jahre kontrolliert, also nicht diesen Winter. Natürlich ist es richtig, dass Ex-Bayern-Spieler Gustavo dank einiger Verkäufe bilanztechnisch nicht mehr zur Last fällt; sportlich sowieso nicht.
Gleichwohl bleibt die sportlich begrüßenswerte Verpflichtung von Schürrle finanziell gesehen ein Taschenspielertrick. Wolfsburg ist zur Teilnahme an der Champions League in den nächsten Jahren verdammt, ansonsten muss der Verein agieren wie die sagenumwobenen Hütchenspieler.
Natürlich erlaubt die UEFA den Vereinen, für eine Übergangszeit noch 45 Millionen Euro Schulden vor sich her zu schieben. Gedacht ist das aber für den Abbau von Altschulden, nicht den Aufbau von neuen Verpflichtungen.
Doch der VfL Wolfsburg wird schon Heerscharen von Wölfen im Juristenpelz in Bewegung gesetzt haben, um das rechtlich abzuklären. Zur Not lässt sich ja immer behaupten, der Imagegewinn sei durch CL-Teilnahme und Schürrle-Verpflichtung (Weltmeister!) so gestiegen, dass die Trikotwerbung nun ein paar Milliönchen mehr wert sei.
Außerdem sind kostenpflichtige Imagekampagnen mit dem Verein denkbar, etwa nach dem Motto: Nicht nur Wagen, auch Fußball für das Volk! Paris St. Germain und Katar lassen grüßen.
Sollte dem FC Bayern einst wirklich Konkurrenz aus dem Norden drohen, kann konzernintern ja immer noch Audi gegensteuern. Sollte allerdings auch Ingolstadt aufsteigen, wird das Konglomerat nicht ein Fall für die UEFA sondern für die Deutsche Fußball Liga DFL. Gegen solche Konzernmacht wäre SAP Hopp Hoffenheim dann ein Abstiegskandidat, und Bayer Leverkusen ein Traditionsverein.
Rainer Kalb