Respekt. Bei jedem Spiel der Champions- und Europa League muss der übertragende Sender diesen Propaganda-Spot der UEFA zeigen.
Nun darf mit Fug und Recht arg bezweifelt werden, ob die Herren Blatter, Platini und wie sie alle heißen, dem Sport, von dem sie leben, in den letzten Jahren den gebührenden Respekt entgegengebracht haben. Was sich aber der Augsburger Torhüter Marvin Hitz geleiset hat, schlägt dem Fass den Boden aus.
In der Bundesliga bezahlen die Vereine Fachkräften viel Geld, damit sie den Rasen pflegen, um den Spielern für ihre Arbeit möglichst einen grünen Teppich zur Verfügung stellen zu können. Aufgrund der rundüberdachten modernen Stadien und der dadurch fehlenden Sonneneinstrahlung gelingt das nicht immer. Die Vereine wechseln dann für Hunderttausende von Euro den Rasen aus, so wie jetzt Schalke 04, nachdem der letzte erst im Oktober verlegt worden war.
Und was erlauben Hitz? Zerstößt, zerhackt, zerstampft vor einem Elfmeter die Arbeitsgrundlage eines Mitspielers, auch wenn der ein „Gegner“ ist, die Arbeitsgrundlage seiner Mannschaftskameraden, die ja weiterhin jetzt im wahrsten Sinne des Wortes im Strafraum ackern müssen, und da er selber manchmal herauslaufen muss, zerstört er auch seine eigene Arbeitsgrundlage. Pardon, aber beschränkter kann kein Anarchist sein.
Wahrscheinlich hat Hitz, weil er ja in der Europa League spielt, den Spot über Respekt im Fernsehen nie gesehen. Aber wer sein eigenes Werkzeug – den Rasen – freiwillig zerstört würde in der freien Wirtschaft achtkantig gefeuert. Der Schiedsrichter hat mal wieder nichts gesehen; so blieb wenigstens die Hoffnung auf den Kontrollausschuss. Aber der unternimmt – nichts. Wenigstens Ex-Bundestrainer Berti Vogts hat die Stimme erhoben und 50.000 Euro Geldstrafe gefordert, die Hitz für „Ein Herz für Kinder“ spenden sollte. Aber wer hört schon noch auf Vogts? Und ob der 1. FC Köln eine Rechnung für Rasenreparatur stellt, darf auch bezweifelt werden. Falsche Solidarität.
Mag die Respektlosigkeit von Hitz noch aus der Emotion im Spiel geboren sein, so ist die von Kerem Demirbay kaum noch zu entschuldigen. Erst beleidigt er Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus, dann wird er von seinem Verein Fortuna Düsseldorf dazu verdonnert, ein Mädchenspiel zu leiten – und tut dies in feinem Zwirn und Designermantel. Wetten, dass der keinen Tropfen Schweiß vergossen hat? Mehr lässt sich der Frauenfußball nicht verhöhnen, respektloser lässt sich mit Kindern nicht umgehen.
Respekt vor Regeln scheinen Fußballer mit steigendem Gehalt immer mehr zu verlieren. Sie fahren ohne Führerschein (Reus, Wendell), sie erpressen Mitspieler (Benzema, französische Nationalmannschaft). Sie respektieren keine Regeln mehr.
Das schlechte Beispiel der „Vor-Bilder“ färbt auf den Amateur- und Jugendbereich ab. Es gibt Schiedsrichter, die wollen bestimmte Amateurvereine nicht mehr pfeifen. Es gibt Jugendspiele, da gebärden sich die Eltern am Spielfeldrand wie wilde Asoziale.
Trainerausbildung beinhaltet auch den Begriff „Bildung“. Und Fußballlehrer heißt eben auch „Lehrer“ und nicht „Leerer“. Weshalb der Begriff „Respekt“ vielleicht doch wieder mehr mit Inhalt gefüllt werden müsste, statt nur eine Wort-Hülse zu sein.
Rainer Kalb