Das hat es seit dem 2. Weltkrieg nicht mehr gegeben. Die FIFA entscheidet am 9. Und 10. Januar in Zürich, ob die Teilnehmerzahl an einer WM erhöht wird. Und kein Deutscher ist dabei, obgleich der DFB der größte Fußball-Verband der Welt ist. Kein Deutscher darf für eine Beibehaltung von 32 Mannschaften plädieren, obgleich bei einer WM mit 48 Teams geschätzt die halbe Bundesliga ihren Vereinen sechs Wochen lang nicht zur Verfügung stünde, werden die ausländischen Nationalspieler mit berücksichtigt.
Das ist eigentlich eine Frechheit. Aber der DFB hat sich die Suppe zu großen Teilen selbst eingebrockt. Stichwort: Das Sommermärchen, aus dem längst ein Albtraum geworden ist Als die dubiosen Zahlungen aufflogen, hatten OK-Chef Beckenbauer, General Schmidt, Finanzchef Zwanziger schon längst keine Funktion mehr im DFB. Sie konnten also von der Sportgerichtsbarkeit nicht mehr verfolgt werden. Wer blieb, war der Öffentlichkeitsarbeiter im WM-OK, Wolfgang Niersbach, in die Finanzströme eigentlich nicht involviert. Er war zur Zeit der Aufdeckung DFB-Präsident, und deshalb konnte die FIFA ihn zum Bauernopfer machen und den DFB aus allen internationalen Gremien herauskegeln egal, ob es den Umbau der Champions League betraf, egal, ob die Erweiterung der WM-Teilnehmer. Ein Jahr Sperre durch die Ethik-Kommission, Berufung abgelehnt; Niersbach legte alle Ämter sofort nieder.
Sein Nachfolger als Präsident, Reinhard Grindel, fährt jetzt eine Drei-Säulen Politik. Zum einen hofft er, dass der „Rat der FIFA-Weisen“ dem Drängen von Präsident Gianni Infantino auf eine schnelle Entscheidung in Sachen WM-Erweiterung nicht nachgibt, sondern diese vertagt, damit sich die Konföderationen – vor allem Europa – eine einheitliche Meinung zu den Vorschlägen bilden können. Grindel will auf dem UEFA-Kongress am 5. April in Helsinki für einen Platz in der UEFA-Exekutive kandidieren. Es gibt fünf Kandidaten für vier Plätze; die Wahl scheint machbar, obwohl einst schon das Gegenbeispiel bewiesen wurde. 1998 drehten die „kleinen“ Länder dem großen DFB eine lange Nase und ließen den Neuling Gerhard Mayer-Vorfelder als Nachfolger von Egidius Braun krachend gegen den Malteser Josef Mifsud durchfallen.
Nach der UEFA-Wahl aber muss der Nachfolger von Wolfgang Niersbach gewählt werden, und die Lotterie 1 aus 55 abstimmungsberechtigten Landesverbänden ist viel schwieriger zu gewinnen als die 4 aus 5. Vielleicht hat diese drohende Aussicht ja auch mitgeschwungen, als der DFB für den neuen UEFA-Präsidenten aus Serbien, Aleksander Ceferin votiert hat.
Kurzum, es besteht die Gefahr, dass Deutschland fußballpolitisch in die Bedeutungslosigkeit verfällt. Und wie die Bewerbung um die Ausrichtung der EM 2024 verläuft, werden sich nach dem Skandal um das „Sommermärchen“ alle Entscheider genauestens anschauen.
Rainer Kalb