Wenn am Mittwoch Frankreichs Vizemeister Paris Saint Germain – das Wort « Vize » ist für die katarischen Eigentümer im Grunde schon eine Majestätsbeleidigung - auf Bayern München trifft, zählt im wichtigsten Spiel der Gruppe B nicht das Ergebnis sondern wie viele Elfmeter die Franzosen erhalten. Deshalb : Achtung, Bayern, im Strafraum!
Der Hintergrund : Am vorletzten Sonntag gegen Lyon (2:0 durch zwei Eigentore von Lyon) gab es in der 57. Minute einen Freistoß aus 25 Metern für Paris. Der Uruguayer Cavani, Platzhirsch seit dem Abgang von Ibrahimovic, wollte schießen, doch der Brasilianer Alves schnappte sich den Ball und legte ihn seinem Landsmann und Freund Neymar, dem 222-Millionen-Einkauf aus Barcelona, vor die Füße. Neymar verzog knapp.
20 Minuten später gab es einen Elfmeter, den Cavani (im letzten Jahr 49 Tore und Pässe) schießen wollte. Neymar stellte sich vor den Ball und zischte, er wolle schießen. Cavani wollte davon nichts hören - und Lyon-Torhüter Lopes wehrt an die Latte ab.
In der Kabine kam es danach zu einer lautstarken Auseinandersetzung, die in ein Handgemenge ausgeartet wäre, hätten nicht die vier anderen Brasilianer von PSG geschlichtet. Der äußerlich immer unentschiedene spanische Trainer Unai Emery schickte die Mannschaft erst mal für zwei Tage zum Abkühlen nach Hause ; für letzten Mittwoch Abend hatte Daniel Alves alle Mitspieler ohne Trainer- und Betreuerstab zu einem Abendessen im Victoria Paris im noblen 16. Bezirk von Paris verdonnert. Friedensgipfel. Neymar entschuldigte sich auf spanisch bei seinen Mitspielern ; sein Freund Thiago Silva übersetzte ins französische.
Am Samstag, beim 0:0 in Montpeliier, dem ersten Punktverlust von PSG in dieser Saison, gab es keinen Elfmeter, und Neymar fehlte verletzt. So muss der FC Bayern dafür herhalten, um die Hierarchie bei dem Verein zu definieren, der mit aller Macht den Gewinn der Champions League kaufen will.
2011, beim Kauf, hatte Präsident Nasser Al-Khelaifi, den Gewinn des »Henkelpotts » bis 2016 versprochen. Daraus wurde nichts, auch weil Paris unter gnädiger Mithilfe eines deutschen Schiedsrichters, ein grandioses 4:0 aus dem Hinspiel noch mit 1:6 versemmelte. Trainer Laurent Blanc, dessen Vertrag erst vier Monate zuvor verlängert worden war, musste mir 20 Millionen Euro Abfindung gehen.
Natürlich ist bei diesem Sandkastenspiel um Eimerchen und Schüppchen nicht nur das Ego von Kindern im Spiel. Laut Medienberichten sollen beide rund 1,5 Millionen netto an Prämien erhalten, wenn sie Torschützen- und Scorerkönig werden. Da kommt es schon auf jeden Elfmeter an, mag er noch so ein großzügiges Schiedsrichtergeschenk sein, zumal es Neymar, der mit Prämien geschätzt rund eine Million Euro pro Woche verdient, auf ein paar Euro mehr, nicht ankommen sollte. Ihm geht es um den verdammten « goldenen Ball », den seit Jahren Ronado und Messi untereinander aufteilen.
Stellt sich die Frage, wo der Emir das Geld für die Transfers herholen will. Theoretisch gehört Paris, in den letzten fünf Jahren nie im Halbfinale einer Champions League war, nicht gerade zu den aus dem laufenden Geschäftsbetrieb auf Rosen gebetteten Klubs, und laut UEFA darf ein Verein, grob gesagt, nur so viel ausgeben, wie er einnimmt.
Paris verteilt die Transferkosten auf die Laufzeit des Vetrages, macht nur noch 54 Mio pro Jahr. Durch Erhöhung der Eintrittspreise, mehr und teureren Trikotverkauf, höhere Werbe- und Sponsorengelder sollen Neymar und Mbappe (« Ich hatte andere Angebote, aber ich wollte in Frankreich bleiben ») ausgeglichen finanziert werden. Der 18-jährige Stürmerstar aus Monaco wurde erst einmal für 40 Millionen ausgeliehen, aber der Kaufvertrag im nächsten Jahr ist schon fest unterschrieben. Wenn das mal keine Milchmädchenrechnung wird! Die UEFA hat schon eine Untersuchung eingeletet.
Natürlich hat Paris im Sommer auch versucht, Spieler zu verkaufen, um Geld in die Kasse zu bekommen. So konnte sich RB Lepzig für rund 13 Millionen Euro die Dienste des U20-Nationalspielers Jean Kevin Augustin sichern. Beim Versuch, Julian Draxler, der auf der gleichen Position wie Neymar spielt, zum Weiterziehen zu bewegen, drehte der Ex-Wolfsburger den Katarern allerdings eine lange Nase. Spielpraxis woanders wäre längst nicht so gut bezahlt worden, wie Bankdrücken in Paris. Was zählt da die WM ?
Ersatztorhüter Kevin Trapp hingegen darf bleiben. Wie wichtig ein guter Ersatztorüter ist, lässt sich ja gerade bei den Bayern beobachten.
Rainer Kalb