Carsten Schmidt ist der Kragen geplatzt. Und womit ? Mit Recht. Natürlich bleibt der Sky-Chef ein höflicher Mensch und ein diplomatischer dazu. Vielleicht hat er deshalb den Unmut über seine « Partner », die Profivereine, in einem Magazin geäußert, dass kein Aas unter den normalen Zeitungslesern oder Fußballfans kennt. GQ. Aber Schmidt wusste auch, dass seine hauseigene PR-Abteilung sehr rege ist und professionnelle Journalisten seine Botschaft in die (deutsche) Welt hinausposaunen würden . Die Vereine sind Wilderer im Bereich der Jäger.
Der Jäger : Das ist Sky. Der Jahr für Jahr mehr Millionen in die Rachen der Vereine pumpt und trotzdem Rechte an Eurosport verliert. Aber das ist ein anderes Thema.
Thema hier und heute ist, dass die Vereine mit klubeigenem Fernsehen die Wilderer sind. Unredlich Geld verdienen wollen. Wenn Fans so bescheuert sind, für Propaganda auch noch freiwillig Geld zu bezahlen, ist das eine Sache. Wenn aber für fairen Journalismus keine Zeit mehr ist, weil die Profis neben ihrer Arbeit für Propaganda zur Verfügung zu stehen haben, dann ist da eine Reißleine gezogen.
Ein Beispiel : Bei der WM 1986 in Mexiko – als die Mexico-Hilfe der DFB-Stiftung Egidius Braun dank einer 5000-DM-Spende von Rudi Völler gegründet wurde – durften zum letzten Mal Journalisten und Nationalspieler unter einem Dach wohnen. Ich wollte ein Interview mit Hans Peter Briegel (Die Walz aus der Pfalz) machen. Er bat mich auf sein Zimmer. Wir haben viel gelacht.
Seinerzeit gab es noch Pressesprecher, die ihren Namen verdienten. Heute gibt es nur noch Presseabteilungen, die nicht mehr dienen, sondern nur der Direktion Marketing untergeordnet sind. Verlautbarungssprecher. Weshalb wurden denn Markus Hörwick (FC Bayern) oder Harald Stenger (DFB) ehrenhaft gefeuert ?
Schmidt hat mit seiner messerscharfen, freundlich verbrämten, Analyse Recht : Wer steht für Journalismus, wer für Propaganda ? Wie viel Zeit wird dem einem gewährt, wie viel Zeit dem anderen genommen?
Am Ende ist es eine Entscheidung der Politik : Wer die Inhalte hat (Profivereine) darf nicht auch noch die Verbreitungskanäle betreiben (eigene TV-Kanäle). Amazon verschickt schon alles und produziert jetzt eigene Fernsehserien. Zu sehen nur bei Amazon.
Die Idee von einem eigenen Bundesliga-Kanal ist tot. Jetzt betreibt jeder Verein seinen eigenen Kanal. Sie kriegen den Kanal eben nicht voll.
Wie den Verfall zwischen Propaganda und Journalismus stoppen ? Sky müsste den Geldhahn zurück schrauben, um die Vereine und ihre Marketing-Agenten wieder zur Vernunft zu zwingen. Aber dazu ist wohl nicht einmal Chef Schmidt bereit. Klagen im leeren Raum. Bei GQ.
Rainer Kalb