Karl-Heinz Rummenigge ist sauer, und das zu Recht. Andreas Rettig, Geschäftsführer des FC Sankt Pauli, hat ihm, bildlich gesprochen, vor's Schienbein getreten, und das schmerzt. Wann lässt sich ein Rekordmeister schon gerne von einem Zweitligisten vorführen ?
Was ist passiert ? Quasi unbemerkt zwischen Länderspiel-Euphorie und Trainer-Diskussion in München hatten die 36 Profivereine vereinbart, am Frankfurter Flughafen einzuschweben, um eine « Grundsatzdiskussion » über die 50 + 1-Regelung zu führen. Nur führte Rettig – als früherer Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga mit allen Wassern gewaschen – stattdessen absprachewidrig eine Abstimmung herbei, und die ging mit 18 Pro-Stimmen bei 34 anwesenden Vereinen gegen die Interessen des FC Bayern aus.
Der hat an Adidas, Allianz und Audi knapp 30 Prozent seines Vermögens verkauft. Drei Mal « A », das klingt ja gut. Ist aber international vielleicht nicht genug.
Die Lage ist ja so : Grob gesagt, wurden die Vereine, die heute Bundesliga spielen, um 1900 gegründet. Der Profifußball wurde in Deutschland erst 1963 eingeführt. In Frankreich, beispielsweise, besteht er seit den 30er Jahren. In der DDR gab es die Staatsamateure.
Jeder Verein war stolz darauf, oben mitspielen zu dürfen. 1965 stiegen die Bayern und Borussia Mönchengladbach in die Bundesliga auf. Es wurde immer mehr Geld benötigt, auch um Rummenigge, Hoeneß, Netzer und Heynckes zu bezahlen.
1976 tätigte der 1. FC Köln den ersten Millionen Transfer (in D-Mark), um sich die Dienste des belgischen Stürmers Roger van Gool zu sichern. Wem gehört der Verein ? Den Mitgliedern, den (im Profifußball nicht mehr vorhandenen) Mäzenen, den Sponsoren oder den Investoren ?
Der Russe Roman Abramowitsch gilt als der erste « Investor », der sich einen ausländischen Fußballklub kauft. 2003 riss der Oligarch sich Chelsea unter den Nagel. Der Verein gehört nicht mehr seinen Mitgliedern.
Paris St. Germain gehört Katar. Der Präsident lässt sch hin und wieder noch blicken. Inter Mailand und AC Mailand sind angeblich Eigentum von Chinesen, aber selbst das ist ungewiss. Bei einem Spiel jedenfalls hat sich noch niemand gezeigt.
Wem also sollen die Bayern gehören ? Den Mitgliedern oder Investoren ? Ist der Vereinsgedanke überholt ? Der ewige Kampf bei den « Löwen » eröffnet eine Ahnung um die Schmerzhaftigkeit dieser Debatte.
Meine Meinung ist : Sollte sich der Volkssport Fußball vom Volk abwenden, kann er gleich in den Zirkus gehen. Dann kann ein Investor den FC Bayern (Profiabteilung) nehmen und als FC Buxtehude auftreten lassen, so wie Heuschrecken das in den USA mit Football-Teams bereits praktizieren.
Auch wenn die Form des Herrn Rettig nicht galant war, in der Sache gebe ich ihm Recht : Der Fußball gehört den Vereinen, nicht den Investoren. Und wenn sich ein FC Bayern dann keinen Neymar leisten kann, ist das auch kein Beinbruch. Die 50 + 1 – Regelung, dass also die Mitglieder im Verein die Mehrheit behalten, muss bleiben.
Rainer Kalb