Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke meint, mit dem deutschen Nachwuchs lasse sich kein Staat mehr machen. Die Borussia holt deshalb Nachwuchsspieler aus dem Ausland, und auch die Bayern folgen offensichtlich diesem Trend.
Beim Deutschen Fußball-Bund sind sie offensichtlich anderer Meinung. Wenn schon kein Staat, so lässt sich zumindest noch Quote mit dem deutschen Nachwuchs machen. Am Sonntag Abend posaunte die « Direktion Öffentlichkeit und Fans » die Nachricht in die Welt, U21-Spiele, welche der DFB vermarkten darf, sowie einige U20- und U19-Spiele würden in Zukunft auf Pro7 und Pro7MAXX übertragen.
Das ist für den DFB bestimmt eine gute Nachricht, denn der DFB dürfte von den Vollprogramm-Sendern mehr kassieren als von den Spartensendern, die bisher übertragen haben. Für die war in der Mitteilung übrigens noch nicht einmal Platz für ein Wort des Dankes.
Dem wahren Fußball-Fan ist es wahrlich egal, auf welchem frei empfangbaren Sender er welches Länderspiel verfolgen kann. Das zeigt schon die Historie, seit Länderspiele vom « Staatsfernsehen » ARD/ZDF zu RTL abgewandert sind. Der Wechsel der Übertragungsrechte von Nachwuchsspielen dürfte dem Bekanntheitsgrad – und damit dem Portemonnaie – der besten Junioren sogar noch zu gute kommen. Es werden nicht mehr nur Freaks einschalten, sondern auch solche, die ein Programm « beiläufig » verfolgen. Die Zuschauerzahlen werden steigen.
Dieses auch, weil andere Live-Spiele kaum noch außerhalb vom Bezahlfernsehen und Streaming-Diensten zu sehen sind. Die Deutsche Fußball-Liga « schenkt » dem Fan immerhin drei von 306 Bundesliga-Spielen pro Saison in ARD oder ZDF – das letzte ist am Freitag Abend Hoffenheim – Bayern. Na immerhin.
Während der DFB alles tut, um seine Nationalmannschaft und die Leistungsstärke seines Nachwuchses auch öffentlich zu präsentieren, fährt die UEFA – der Zusammenschluss der europäischen Verbände – genau die entgegengesetzte Politik. Sie versteckt, und das ist eine Frechheit, eine Anti-Fan-Politik und der Popularität des Fußballs abträglich, ihre « Königsklasse », ob mit oder ohne Zustimmung des DFB, hinter einer Bezahlschranke. Das ist gewiss im Sinne der Profivereine, aber auch der Verbände, welche die UEFA eigentlich bilden ? Nur gut, wenn der DFB-Nachwuchs entstandene Lücken nutzen darf. Aber es ist nur der Nachwuchs, nicht Bayern gegen Liverpool, nicht Champions League.
Hoffenheims Trainer Julian Nagelsmann hat ausufernde TV-Übertragungen dafür verantwortlich gemacht, dass die Beteiligung am aktiven Fußball zurückgehen. In seinem Heimatverein Issing gebe es nur noch eine Spielgemeinschaft, aber keine vier F-Jugend-Mannschaften mehr.
Umgekehrt wird ein Schuh draus : Im frei empfangbaren Fernsehen wird zu wenig Live-Fußball gezeigt, um das Interesse von Kindern an der Sportart zu wecken oder zu erhalten. Und welches Kind hat schon Interesse daran, bei Wind und Wetter draußen rumzutoben, wenn in der warmen Stube die Play Station wartet ?
Einige Profivereine haben ja schon E-Sport-Abteilungen gegründet. Jetzt wird drinnen geballert. Könnte schließlich eines Tages auch profitabel werden.
Rainer Kalb