Sommermärchen aus der Schweiz

Der « Spiegel » bezeichnet die am Montag von der Schweizer Justiz nach jahrelanger Schlamperei, Kumpanei und Kungelei ergebnislos eingestellte Sommermärchen-Affäre als den « wohl größten Skandal der deutschen Fußball-Geschichte ». Na ja, da sollte auch der « Spiegel » die Kirche im Dorf lassen. Es gab in der deutschen Fußball-Geschichte mindestens zwei größere Skandale.

Der Erste ereignete sich 70/71, als Rot-Weiß Oberhausen und Arminia Bielefeld aufgrund gekaufter Ergebnisse in der Bundesliga blieben. Unvergessen zumindest bei den Älteren, wie der Präsident von Kickers Offenbach, der Obsthändler Horst Gregorio Canellas, am 6. Juni 1971an seinem 50. Geburtstag vor geladenen DFB-Funktionären, Bundestrainer Helmut Schön und Pressevertretern ein Tonband abspielte, auf dem Telefongespräche aufgezeichnet worden waren, die klipp und klar Schiebereien im Abstiegskampf dokumentierten.

Der Zweite wurde 2005 aufgedeckt, der Wettskandal um Schiedsrichter Robert Hoyzer, der , weil er gegen Bezahlung einer kroatischen Wettmafia Spielentscheidungen manipuliert hatte, nicht nur vom DFB lebenslang gesperrt wurde, sonder auch über zwei Jahre ins Gefängnis musste.

Ja, es ist ärgerlich, dass der Geldfluss in Höhe von 6,7 Millionen Euro vom seinerzeitigen adidas-Eigentümer Dreyfus an Beckenbauer, die Weiterreichung an den Katarer Mohamed Bin Hammam via FIFA, die Rückzahlung an Dreyfus, die Behauptung, das Geld sei für ein Kulturereignis zum WM-Auftakt bestimmt gewesen (das nie stattgefunden hat), von der Schweizer Justiz nie aufgeklärt werden wollte/sollte. 

Ja, es ist ärgerlich, einen FIFA-Präsidenten Infantino zu haben, der wichtigste Gespräche, die « vertraulich » mit der Schweizer Justiz neben der Botschaft von Katar stattgefunden haben, einfach « vergisst ».

Ja, es ist ärgerlich, dass die Hauptperson Franz Beckenbauer plötzlich zu krank ist, um überhaupt dem Prozess beiwohnen zu können. Und dass dann noch « Corona » den Angeklagten beim Nichterscheinen am zweiten Verhandlungstag hilft, mutet wie ein Treppenwitz der Geschichte an. Dass der Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger, Rechtsanwalt aus Altendiez, jetzt über Schadensersatzforderungen nachdenkt, überrascht niemanden mehr.

Sein derzeitiger Nachfolger, Fritz Keller, will jetzt in den dunklen Keller steigen lassen, um Sonnenschein auf die 6,7 Millionen zu werfen. Wird wohl auch im Halbschatten enden.

Und trotzdem : Die WM 2006 bleibt ein Märchen. Das Sommerwetter, die Unverkrampftheit der Leute, die ihren Stolz, Deutsche zu sein, nicht verkrampft nationalistisch sondern sympathisch patriotisch gezeigt haben, die herzliche Aufnahme, die ausländische Fans erfahren haben, der schöne Fußball – diese Erinnerung, diese Erfahrung nimmt uns keiner mehr.

Da ist es auch völlig egal, wie viele Märchen es gibt. Auch Grimm's Märchen von Schneewittchen über Rotkäppchen und der böse Wolf bis hin zu Franz im Glück bestehen aus mehreren Märchen. Und war nicht jede WM-Vergabe unter dem früheren FIFA-Präsidenten Havelange eins ? Und wie war das bei Russland und bei Katar ? Und wie bei Olympischen Spielen ? Die Brüder Grimm waren wenigstens noch gute Märchenerzähler. Im Vergleich mit dem Fabulanten und Vergesserer Infantino war sogar Sepp Blatter als Märchenerzähler noch akzeptabel.

Die US-Justiz ist unerbittlich und kennt, da gnadenlos ahnungslos im Märchenreich des Fußballs, keine Gnade. Da ist die Schweizer Justiz ganz anders. Nicht umsonst haben FIFA, UEFA, IOC und andere Weltverbände ihren Sitz im Land der Eidgenossen. Da lassen sich noch Fränkli verschieben, unbequeme Wahrheiten aussitzen und Märchen erfinden.

 

Rainer Kalb

Zufallsbild

Keine Bilder!

Über uns

Gegründet wurden die LIPPEFOHLEN am Freitag, 11. Juli 2008 und sind seitdem unter der Fanclubnummer (BFC) 0853 bei Borussia Mönchengladbach registriert. Derzeit treffen sich 110 Mitglieder im Alter von 0-82 Jahren zu Stammtischen oder Fahrten in den Borussia Park.

Weiterhin werden regelmäßig Spiele im TV geschaut und einmal im Jahr findet das große Sommerfest / Saisonabschlussfest statt.

Mehr unter: Über uns

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.