Christian Seifert lässt auslaufen. Er verlängert seinen 2022 endenden Vertrag als Boss der Deutschen Fußball-Liga nicht.
Das ist schade, denn er hat den Laden Profifußball seit seinem Arbeitsantritt 2005 in ungeahnte Höhen gehievt. Rund zehn Milliarden Euro hat der Chef den 36 Profi-Vereinen aus den TV-Verträgen zugescheffelt. Derzeit sind es 1,1 Milliarden / Saison, plus Auslandsvermarktung. Als Seifert 2005 begann, lagen die Einkünfte noch bei knapp 400 Millionen.
Die Bezeichnung « Chef » oder « Boss » ist einfacher als aufzuzählen, welche genauen Titel Seifert in seiner Karriere bei der DFL trug. Jedenfalls waren sie sehr wandelbar, und immer mit einem Aufstieg verbunden.
Die frühzeitige Ankündigung seines Ausstiegs 2022 in einer « persönlichen Erklärung » wirft Fragen auf. Ist da einer des Treibens müde ? Natürlich ist nachvollziehbar, dass jemand nach 17 Jahren unaufhaltsamen Aufstiegs für die letzten 14 Berufsjahre noch einmal eine « neue Herausforderung » suchen und finden will.
Der Abgang als Kapitän des Luxusliners Profifußball lässt sich aber auch anders deuten. Ahnt da einer, oder weiß es sogar, dass es von nun an bergab gehen wird ? Die Corona-Krise hat Seifert unter Aufbietung aller Kräfte geschultert und gemeistert. Als nur die Bundesliga spielte, nahmen die Auslandserlöse zu. Die Langzeitfolgen des Virus aber sind noch unübersehbar. Zu müde, auch die noch zu bewältigen ?
So wird die Verteilung der Milliarden, die von 2021 – 2024 fließen, unter den 36 nicht nur in dieser Frage zerstrittenen Profiklubs die letzte große Herkulesaufgabe sein, die Christian Seifert zu bewältigen haben wird. Natürlich versichert er, bis zum Ende seines Vertrages alle Kraft der Liga zu widmen. Nur einen Teil seiner Kraft wird er auch benötigen, um einen neuen Job zu finden und einen für sich lukrativen Vertrag auszuhandeln.
Schade, dass er gehen will, ausgerechnet jetzt. Es ist schließlich kein Zufall, dass kürzlich eine « Task Force », also ein Krisenstab Profifußball gegründet wurde, um die Abgründe des « immer mehr » an Geld und Terminen zu durchleuchten. Da hätte es einen Seifert gebraucht. Zumal der angeschlagene DFB derzeit keine Hilfe ist.
Egal : Seifert geht, und anstatt Jahr für Jahr dem FC Bayern die Meisterschale überreichen zu müssen, wird er jetzt wieder Zeit haben, auf der Tribüne seines Lieblingsvereins Borussia Mönchengladbach zu sitzen und vor Aufregung zu schwitzen.
Wer aber wird Nachfolger ? Der derzeitige Aufsichtsratsvorsitzende Peter Peters wurde als Kandidat für das FIFA-Council weggelobt und hat zuvor die Finanzen von Schalke 04 so zerrüttet, wie der Verein jetzt auch sportlich da steht. In den Kulissen wird auch der Name Jörg Wacker gemunkelt, beim FC Bayern Vorstand für internationale Entwicklung und Strategie. Dann schau'n mer mal.
Rainer Kalb