Da wage noch einer die Behauptung, die FIFA sei nicht handlungsfähig, nur weil ein paar Kraftlhuber des Fußball-Weltverbandes die Spielregeln ein wenig einseitig ausgelegt haben. Grober Unfug! Am Montag noch hat die FIFA ohne Präsident Sepp Blatter, ohne Vizepräsident Michel Platini und ohne Generalsekretär Jérôme Valcke sowie ohne den amtierenden Präsidenten Issa Hayatou selbständig und ohne Genehmigung aus der obersten Führung eine Broschüre verschickt. Eine Broschüre!! Und das an alle 209 Mitgliedsverbände! Wer steht da in dem kopflosen Verband eigentlich für die Portokosten gerade?
Im Grunde muss die Veröffentlichung dieser Broschüre sogar als Revolution gegen die alten Kader gelesen werden. Der „Leitfaden guter Praktiken“ – so heißt das Druckerzeugnis wirklich - wurde an alle 209 Mitgliedsverbände verteilt und fordert die Akteure in der Welt des Fussballs auf, sich auf angemessene und effektive Weise an Initiativen gegen Diskriminierung zu beteiligen. Eben! Alle braven und ehrlichen Mitarbeiter wurden diskriminiert! Auf’s Medienschafott mit den Verrätern an der guten Sache! Zumindest in die ewige Verbannung.
Die Broschüre übrigens empfiehlt ausdrücklich auch Fußballturniere für Blinde und Sehbehinderte – könnten die drei, die immer weg geschaut haben, doch bald einmal als Kapitäne auflaufen, oder? Worawi Makudi (Thailand) kommt nur noch als normaler Spieler in Frage, da aus guten Gründen seit Mai nicht mehr im Exko; der amtierende Interimspräsident Issa Hayatou gar nicht. Der würde den Anpfiff verpassen (Dienstantritt von Dienstag auf Mittwoch verschoben, worüber es interessanterweise keine Pressemitteilung gab). Einige andere Veteranen kommen wegen konditioneller Schwierigkeiten nicht mehr in Frage.
Wobei, mal so gesagt: Diese Ethik-Komission und die Rechtskommission reagieren ja auch seltsam, oder?
90 Tage Berufsverbot. Um dann neu zu entscheiden – da ist doch klar, wer unbedingt eine Verschiebung der Wahlen am 26. Februar will. Sepp Blatter wäre dann wieder frei, aber Michel Platini als Verdächtiger könnte zum Stichtag 26. Oktober unmöglich seine Kandidatur aufrecht erhalten. Ja, ja, die Strippenzieher geben nicht auf. Immerhin haben sie ehrlicherweise das einstige Motto „Zum Wohle des Spiels“ auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen.
Schon ist zu hören, am 20. Mai finde doch sowieso ein ordentlicher Kongress in Mexiko statt, da ließen sich doch die Kosten für Zürich sparen. Weise gedacht, FIFA; Flug- und Hotelkosten sowie der Aufwand für Speis und Trank machen eben doch ein wenig mehr aus als das bisschen Porto für eine Broschüre.
Ach, wäre der Titel nicht schon geschützt und müssten die Akteure nicht in höchstem Andenken bewahrt werden: Die FIFA dürfte getrost als Lach- und Schießgesellschaft bezeichnet werden.
Rainer Kalb